Kultur

Tim Eitel: Monumente für Momente

Die für vergangenen Dienstag geplante Eröffnung von Tim Eitels Ausstellung „Besucher“ musste das Essl Museum kurzerhand absagen: Das Hochwasser machte die Schließung des Kunsthauses notwendig. Ab Freitag ist es wieder geöffnet.

Stimmungsvoll

Zu sehen ist das fast meditative, höchst stimmungsvolle Werk eines relativ jungen Vertreters der gegenständlichen Malerei: Eitel, 1971 geboren, gilt als Vertreter der „Neuen Leipziger Schule“, die auch Kunststars wie Neo Rauch hervorbrachte. Als Sammler Karlheinz Essl 2003 diese Szene erkundete, entflammte er auch für das Werk von Eitel. „Es fällt mir auf, dass das Sammeln bei den Essls ein Begleiten des Künstlers ist“, sagt Eitel im KURIER-Gespräch. „Seit sie mich entdeckt haben, sind sie kontinuierlich dabei.“

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Die Bilder, die das Museum bis 25. 8. zeigt, sind vorrangig jüngeren Datums: 2005 übersiedelte Eitel nach Los Angeles – ein Ortswechsel, der, wie er erzählt, auf seinen Stil Auswirkungen hatte. Statt kalifornischer Sonne fanden düstere Töne den Weg in seine Palette, und die Illusion eines kontinuierlichen Raums trat in den Bildern zurück: Die Motive scheinen aus dem Nichts aufzutauchen und versinken oft im atmosphärischen Grau der Bildfläche wieder.

Eitel malt Tauben auf einer Mülltonne, eine Matratze mit aufgewühltem Leintuch, Jugendliche, die im Kreis sitzen oder ins Wasser starren: Es sind denkbar unspektakuläre Motive, die häufig als Monumente flüchtiger Augenblicke zu verstehen sind. „Es gibt Momente, die einen Funken auslösen und wo so etwas wie ,Bedeutung‘ aufleuchtet“, sagt Eitel. „Ich mache dann meistens Fotos, doch in denen ist diese Sensation eben nicht da. Die Arbeit ist dann, das wieder zu rekonstruieren.“

Bilder der Ausstellung

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Viel Zeit

Eitel arbeitet lange an seinen Bildern – meist, sagt er, stellt er nur zwei bis vier Großformate pro Jahr fertig, dazu einige kleinere Bilder. Seine Fotos, erklärt er, müssten „erst mal abliegen – wenn mich das Motiv nach einem halben Jahr noch interessiert, fange ich an.“ Das gemalte Endprodukt habe dann oft nicht mehr viel mit dem zugrunde liegenden Foto zu tun.

Übersetzt

In diesem Sinne ist Eitel kein Realist im eigentlichen Sinn: Seine Leinwände sind Produkte eines mit Bedacht ausgeführten Übersetzungsprozesses von „Bildern im Kopf“ in „Bilder an der Leinwand“. Und Eitel, der unter anderem das Werk von Piet Mondrian studierte, weiß, dass diese Übersetzung genauso gut in abstrakte Werke münden kann.

Auf seine Fähigkeit, Bilder realistisch wiederzugeben, bildet sich der heute in Berlin und Paris lebende Künstler indes nicht allzu viel ein: „Ich würde nicht sagen, dass ich eine Meisterschaft besitze“, sagt er. „Um etwas auf die Leinwand zu bringen, muss ich das Malen immer wieder neu erlernen. Wenn alles zu leicht von der Hand geht, fehlt ein Widerstand – doch genau der Widerstand spornt einen ja an.“