Kultur

Teffy: Entdeckung aus dem Zarenreich

Als die Aristokraten und die Künstler 1918 aus dem hungernden Moskau vor den Rotarmisten flüchteten bzw. zu flüchten versuchten, hatte eine gewisse Madame Fuk die glorreiche Idee, einen Brillanten in einem Ei zu verstecken und außer Landes zu schmuggeln.

Sie bohrte ein Loch in die Schale, steckte den Brillanten hinein und kochte das Ei. Im Proviantkorb würde niemand den Schatz finden.

Aber schon der erste "rote" Soldat, der kontrollieren kam, schnappte das Ei, schälte es und verschlang es vor Madames Augen.

Sie lief dem Mann tagelang nach. Und? Natürlich nichts. Sie konnte doch wohl nicht erwarten, dass er ihr in die Hand ... und wenn man heute liest, wie Nadeshda Teffy davon erzählt hat, ist man 1.) über die trockene Frische erstaunt, und kann sich 2.) gut vorstellen, dass sie ein Star war im Zarenreich.

Berühmt bei den Herrschern ebenso wie bei Eisenbahnern, Briefträgern.

Befreundet mit Tolstoi.

Salonlöwin.

Viel gelesen in der russischen Zeitschrift Satirikon, wo ihr Talent, komisch über den Alltag zu schreiben, zur Geltung kam.

Robben und Biber

"Champagner aus Teetassen" sind ihre Erinnerungen an die eigene Flucht 1918/’19 gemeinsam mit Schauspielerinnen und einem anderen Schriftsteller. Über Kiew nach Europa. In der Eisenbahn, in Pferdefuhrwerken, auf Schiffen. Immer in einen Robbenpelz gehüllt, wie es damals russische Mode war.

Reiche Männer hingegen hatten Biberpelzmäntel. Einst.

Dann wurden sie von den Ortskommandanten getragen; mit einem Einschussloch im Pelz und eingetrocknetem Blut. Sah trotzdem prächtig aus.

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Die Erzählung (gewiss mit Übertreibungen, zumindest was die eigene Wichtigkeit betrifft) ist 1928 in Paris erschienen – und wurde jetzt erstmals (!) ins Deutsche übersetzt. Dafür muss man dem Aufbau Verlag danken. Der Stil tut einfach gut.

Teffy ist mitten in der Angst und dem Wahnsinn. Es ist eine Tragödie, die sich abgespielt hat. Teffy hatte ja durchaus Verständnis für den Sturz der Zarenherrschaft. Die Auswüchse der Revolution missfielen ihr allerdings sehr.

Bei ihr konnte es keine Tragödie sein. Wenn schon nicht immer heiter, so musste zumindest lakonisch beschrieben werden und voller Hoffnung. Bis zu den letzten Absätzen im Buch, dann klagt selbst Teffy über die verlorene Heimat, tränenlos klagt sie und schwarz.

KURIER-Wertung:

INFO: Teffy: „ Champagner aus Teetassen“ Übersetzt von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag. 285 Seiten. 20,60 Euro.