Kultur

Superman vs. Gericht

In den USA wird er schon mit Superman verglichen, so viel hat John Grisham für die Gerechtigkeit getan.

Als Anwalt in Southaven, Mississippi, der meist Verträge ausformulierte, wahrscheinlich nicht so sehr. Aber in seinen Justizthrillern wurde die Welt etwas besser (und Grisham verkaufte bisher angeblich rund 300 Millionen Bücher).

Zuletzt hat er gegen die Lobby der Kohleindustrie angeschrieben, die mit giftiger Schlammsuppe das Land verseucht, Bergkuppen enthauptet, unter Felsen Flüsse begräbt ... er stellt sich damit auch gegen Präsident Donald Trump, der die Branche zusätzlich "beleben" will.

Gegen die Todesstrafe macht sich John Grisham selbstverständlich immer stark, und seinen jüngsten Serienhelden lässt er im Bus durchs Land fahren – der Bus ist Anwaltskanzlei inkl. Bar –, denn es gibt so viel zu tun: "Tausende sitzen in Amerika unschuldig im Gefängnis." Sagt die Romanfigur.

Sagt John Grisham.

Wie eine Dokumentation

Jetzt "Bestechung", sein 29. Roman, der vor Gericht spielt (und dort endet). Der mittlerweile 62-Jährige klagt diesmal gewissermaßen eine (fiktive) Richterin an. Diese Frau ist schwer korrupt, und man kann davon ausgehen, dass sie der schreibende Superman für einige Jahre wegsperrt.

Berühmt wird er mit dem Buch nicht. (War bloß ein kleiner Scherz.) "Bestechung" liest sich wie die Dokumentation eines echten Skandals. Das Wort "Literatur" ist sehr hoch gegriffen. Aber Grisham zieht sein Ding wieder durch, und man lernt einiges.

Zum Beispiel, dass Indianer im Bundesstaat Florida für Casinogewinne keine Steuern zahlen müssen. Eine Entschädigung für frühere Schweinereien. Allerdings führte es dazu, dass mehrere Casinos bloß offiziell im Besitz von Indianern sind. In Wahrheit steckt das Organisierte Verbrechen dahinter.

Um aufsperren zu können, ist die Hilfe eines Richters angenehm. Und ebenfalls, um es offen zu halten. Denn eine Fülle von Klagen droht – wegen Enteignungen der Grundstücke, wegen Umweltfragen. Frau Dr. Claudia McDover, 56, lässt sich für ihre Gerichtsentscheidungen entlohnen. Sie gehört zu 1000 Richtern an 600 Gerichten in Florida. 500.000 Urteile werden pro Jahr gefällt. Fällt sie da auf?

Einmal meinte sie, die Verbrecher zahlen ihr zu wenig. Da hat sie einen befreundeten Anwalt gebeten, eine Klage einzubringen, weil die Zufahrtsstraße zum Casino an einer Stelle zu schmal und sicherheitsgefährdend sei. Der Fall landete auf ihrem Tisch, so ein Zufall, und sie ließ das Casino vorübergehend schließen. Danach bekam sie mehr Geld.

Claudia McDover ist das Gesetz, und dass sie ein paar Meter drüber steht, wird niemand merken. So hat sie gedacht. Aber es gibt innerhalb der US-Justiz kleine Korruptionsermittlergruppen. Und es gibt Whistleblower.

Zum Schluss freut sich Grisham über insgesamt 39 Festnahmen. Superman hat so viele in einem einzigen Abenteuer nie geschafft.


John Grisham: „Bestechung“
Übersetzt von
Kristiana Dorn-Ruhl, Bea Reiter, Imke Walsh-Araya.
Heyne Verlag.
448 Seiten.
23,70 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern