Kultur

Oralsex mit Pistolenlauf

Wie selten findet man das: Hohe Kunst mit Ärschen und Titten. Hohe Kunst, die einmal richtig, aber wirklich so RICHTIG Spaß macht.
Und ja, damit ist „Spring Breakers“ natürlich auch gleich einer der umstrittensten Filme des Jahres.

Meisterwerk oder völliger Mist?, grübelte etwa das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Ist es eine Höllenparabel auf die Spaßkultur oder bloß spekulativer Trash?

Regisseur und Drehbuchautor Harmony Korine ist schon länger das Enfant terrible des jungen US-Kinos. Für Larry Clark hatte er 1995 „Kids“ geschrieben, dann mit dem wüsten „Gummo“ zwei Jahre später seinen ersten großartig abgründigen Kultfilm inszeniert, der von vielen gleich ordentlich gehasst wurde. Zuletzt hatte Korine mit „Trashhumpers“ (Obdachlosen, die Mülltonnen begatten) ein cleveres Comeback gefeiert. Klug (und inszenatorisch meisterhaft) geht es nun weiter.

Meisterwerk mit Titten und Ärschen

Diesmal suchte sich Korine die exzessive Szenerie von Springbreak aus für seine filmische Abgrunderzählung: Alljährlich trifft sich dort Amerikas Jugend freiwillig zur Riesenparty. Saufen und Sex, Titten und Ärsche, Drogen und Exzess stehen am Strandprogramm der sonst eher prüden US-Twens.

Vier solcher Girls wollen raus aus dem College und der Provinz, um beim Springbreak die Sau rauszulassen. Dass ausgerechnet Jungstarlets aus dem konservativ familienfreundlichen Disney-Universum wie Selena Gomez und Vanessa Hudgens dann zwei der Schulmädchen im kessen Bikini spielen, ist ein genialer Schachzug.

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Mit Hammer und Pistole gehen die braven Mädchen nämlich auf Raubzug, um sich die größte Party der USA überhaupt leisten zu können. Die Orgien dort finden prompt exzessiv und in stilisierter Zeitlupe statt. Alles fließt hier ineinander: die poppigen Bilder genauso wie Alkohol und andere Drogen. Der Spaßterror spült die Mädchen bald ins Gefängnis und in die Hände eines Drogenhändlers: James Franco (so gut wie noch nie!) – er ist gestylt wie Gangsta-Rapper Snoop Dogg und darf zwischen seinen Metallzähnen spektakulären Oralsex mit einem Pistolenlauf betreiben. Das Ganze mündet am Ende in einem ... nennen wir es: Schusswechsel.

Nicht für alle vier Mädchen allerdings – einige steigen vorher aus oder besser: in den Bus ein, um verletzt oder bekehrt wieder heimzufahren. Bei allem Spaß (und Ironie) meint es Harmony Korine nämlich todernst. (Seine Frau spielt übrigens auch eines der Mädchen.)

Der Film kreist um Themen von Sex, Tod und Glauben: ein Höllentrip mit BankräuberInnenmasken, die rosarot sind und ein Einhorn aufgestickt haben. Ein Spiegel der Jugendkultur zwischen Prüderie und Pornografie, Rap-Gangstern und Teenager-Unschuld. Denn am Ende ist immer alles im Leben eine Frage der eigenen Entscheidung. Ob man dem teuflisch tönenden, so verführerischen Ruf „Springbreak“ folgt oder nicht.

KURIER-Wertung: ***** von *****

Spring Breakers. USA 2013. 92 Min. Von Harmony Korine. Mit Selena Gomez, Vanessa Hudgens.

Shrek ist super. Madagaskar 1–3 ist super. Wie super muss dann erst „Die Croods“ sein? Dieser Steinzeit-Abenteuerfamilienfilm , hinter dem dieselben Filmemacher von DreamWorks stecken.

Leider doch nicht ganz so gut. Die Ausgangslage ist, na, nennen wir es: doch eher konservativ. Der strenge Vater in der Steinzeit (Nicolas Cage/Uwe Ochsenknecht) will, dass seine Familie ständig in der sicheren, sonnenlosen Höhle bleibt und vor allem seinen Regeln treu ist. Denn draußen droht angeblich Lebensgefahr. Alles Neue ist schlecht, die Angst vor Veränderung regiert. Als seine Teenager-Tochter rebelliert und einen jungen Mann anschleppt, der bereits das Feuer kennt und sogar Schuhe, stürzt die Höhle ein – und die Familie muss in die Freiheit raus. Die Figurenkonstellation hat zwar einen Bart wie aus der Steinzeit. Ebenso wie die patriarchalischen Werte, die hier hinterfragt werden. Insgesamt ist der freundliche Film aber ganz charmant: Vor allem im Dschungelparadies wimmelt es von fantastischen Tieren wie Piranhavögeln, Warzenschweinhunden und dem heimlichen Star des Films: ein Haustier-Äffchen, das man sich wie einen Gürtel umschnallen kann. Kinder-Wertung (von Silvester, neun Jahre alt: *****)

KURIER-Wertung: **** von *****

"Die Croods". USA 2013. 99 Min. Von Paul Duncan, Dominique Louis. Mit der Stimme von Uwe Ochsenknecht.

„Hier war ich noch nie“, sagt sie und zeigt auf ein Wohnzimmer, in dem sie die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbracht hat.

Behutsam und zärtlich – bis hin zu Betulichkeit – nähert sich der deutsche David Sieveking („David Wants to Fly“) seiner Mutter Gretel an, die an Alzheimer erkrankt ist und deren Demenz die eigene Lebensgeschichte dem Vergessen anheim gibt. Umso intensiver befasst sich der Sohn mit der Biografie seiner Mutter, forscht in Archiven und macht erstaunliche Entdeckungen: Gretel Sieveking hat eine linksradikale Vergangenheit, führte eine offene 68er-Ehe und gründete eine feministische Frauengruppe. Während Sieveking den anstrengenden Alltag mit der Mutter tagebuchartig mit der Kamera verfolgt, vertieft er die Spurensuche mit alten Fotos aus dem Familienalbum. So gibt er seiner Mutter ihre (vergessene) Geschichte zurück und erzählt dabei von seiner eigenen Begegnung mit einer Frau, die er selbst neu kennen gelernt hat.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Vergiss mein nicht". D 2012. 88 Min. Von David Sieveking; mit Gretel und Malte Sieveking.

Nach 66 Jahren muss ein polnisches Ehepaar seine Wohnung verlassen. Ihr Enkel, der Filmemacher Filip Antoni Malinowski, begleitet die Zwei, wie sie sich und im Zuge ihres Umzug nochmals mit der Vergangenheit konfrontieren. Kriegserlebnisse, Kommunismus, das Altwerden, aber auch Gartenarbeit werden thematisiert und verdichten sich zu innigen Porträts. Lebhafte Doku, deren Gebrauch von historischem Bildmaterial manchmal recht willkürlich daherkommt. (sei)

KURIER-Wertung: **** von *****

Maria muss packen. Ö/PL 2012. 76 Min. Von Filip Antnoni Malinowski; mit Maria Luiza Malinowska.

Mäßige Komik in einem ansatzweise sozialkritischen Krimi: Ein sex- und karrieregeiler Kommissar der Pariser Mordkommission ermittelt wider Willen mit einem prüden Vorstadtpolizisten gegen einen einflussreichen Großkapitalisten, dessen glücksspielsüchtige Gattin ermordet wurde. Mit Omar Sy, Star aus „Ziemlich verrückte Freunde“.

KURIER-Wertung: *** von *****

Der Nächste, bitte!

Romantische Komödie. Schon länger gibt es ja das Hugh-Grant-Genre jetzt schon ohne Hugh Grant. Diesmal dafür mit „Willkommen bei den Schti’s“ -Star Dany Boon. Er spielt einen gutmütigen Autor, der glaubt, endlich seine Traumfrau (Diane Kruger) gefunden zu haben. Vorhersehbar bis mittellustig.
KURIER-Wertung: *** von *****

Sagrada

Doku. Anonio Gaudi baute sie (unter anderem), bis heute ist sie nicht fertig: die Sagrada Familia. Für Filmfans von Kirchenbau.
KURIER-Wertung: *** von *****

Der Mondmann

Animation. Herzig: Kinderfilm für die Allerkleinsten.
KURIER-Wertung: ***** von *****

Ostwind

Drama. Nein, es handelt sich nicht um Jean Luc Godards Klassiker von 1970, sondern um einen deutschen Jugendfilm im klassischen Subgenre des Pferde-Mädchen-Reitfilms. Wen’s interessiert.
KURIER-Wertung: *** von *****