Christian Dolezal spielt im Morgengrauen
Von Anna Gasteiger
Eine Bühne, ein Stuhl, ein Schauspieler und ein Text. Mehr braucht es manchmal nicht. Wenn Christian Dolezal Schnitzlers Novelle „Spiel im Morgengrauen“ (1927) erzählt, spricht, spielt, wird die karge Probebühne der Josefstadt zum Badener Café Schopf, in dem der junge Leutnant Wilhelm Kasda sein Geld und Glück verspielt.
Die fiebrige Stimmung am nächtlichen Spieltisch ist spür-, das morgendliche Gezwitscher der Vögel förmlich hörbar. Die Ernüchterung, der Schock. Verzweifelt versucht Kasda, das Geld aufzutreiben – wird gedemütigt von einer Frau, die er einst gedemütigt hat – , und doch vergeblich; ein Krimi, der spannend bleibt bis zum tragischen Ende ...
Dolezal (Regie: Hermann Beil) führt die Zuschauer behutsam durch die Geschichte, immer zurückhaltend, immer dezent, und erzielt so verblüffende Effekte. Der Text kann seine ganze Kraft entfalten, das Publikum seine Fantasie. Und darf, kann ins Nachdenken kommen: Was ist das für eine Welt, in der Geldnöte binnen weniger Stunden ein Leben zerstören? Vorbei und vergangen oder unserer ähnlich? Es gilt freilich, eigenständig zu Lösungen zu kommen. Dolezal und Beil geben nichts vor, sondern regen an. Nicht „nur“, sondern zum Glück.
International
Lustig, traurig und dramatisch ist diese gut einstündige Vorstellung, die u.a. schon in Berlin und den USA gastierte, und am Samstag (6.4.) noch ein Mal in der Josefstadt zu sehen ist (20 Uhr). Einzelkarten sind noch erhältlich.
KURIER-Wertung: **** von *****