Kultur

Spannende Warnung vor dem Vertrotteln

Zum siebenten Mal rast der Däne Jussi Adler-Olsen mit seinem Sonderdezernat Q in den Bestsellerlisten auf den ersten Platz.

"Selfies" ist nicht der beste Krimi der Reihe (das ist und bleibt Band 1, "Erbarmen") und nicht der schlechteste – "das war "Verheißung", denn da gab’s bloß einen feschen Guru, der die Frauen narrisch machte.

Aber "Selfies" hat die beste, schrecklichste Szene aller Romane Adler-Olsens:

Ein kleines Mädchen überrascht den Großvater, wie er sich an Fotos begeilt. An alten Fotos, die ihn in schwarzer Uniform zeigen. Mit seiner Pistole zielt er auf den Nacken eines Mannes. Es gibt auch Fotos von Frauen, die an Stricken baumeln.

"Sie waren böse", sagt der Großvater zu dem Kind, "aber mach dir keine Sorgen, Schatz ..."

"Selfies" ist oberes Mittelfeld. So nebenbei wird daran Kritik geübt, dass so viele Junge nur noch schön sein und sich dabei fotografieren wollen. In Interviews, die der 66-jährige Autor derzeit in Deutschland gibt, warnt er davor, durch den Selfie-Wahn zu vertrotteln.

Ziemlich viel wird unter einen Hut gebracht. Da ist auch eine alte Frau, die mitten in Kopenhagen zu Tode geprügelt wird. Da ist ein Autofahrer, der mit seiner Waffe, dem Auto, Jagd auf ganz bestimmte Mädchen macht ... und Rose steht im Mittelpunkt: die toughe Mitarbeiterin von Kommissar Mørck (der diesmal bestenfalls Statist ist). Psychisch auffällig war sie ja schon immer. Manchmal gab sie sich für ihre Schwester aus. Jetzt zerschneidet sie daheim die Möbel und schmiert Wände voll.

Hafez el-Assad, Mørcks geheimnisvoller, aus Syrien stammender Assistent, wird in Buch acht die Hauptfigur sein. Bei Buch zehn ist Schluss. Alles ist in Bewegung. Es hat wenig Sinn, mitten in der Serie mit dem Lesen zu beginnen.

Jussi Adler-Olsen:
„Selfies“
Übersetzt von Hannes Thiess.
dtv. 576 Seiten. 23,70 Euro.

KURIER-Wertung: ****