Kultur

"Señor Flamenco" Paco de Lucia – als Gitarrist der Kaiser unter Königen

Jeder beliebige Spanier ist überzeugt: Paco de Lucia war nicht nur der schnellste, sondern überhaupt der beste Gitarrist aller Zeiten. Und hat vermutlich recht damit.

Der wohl leidenschaftlichste aller iberischen Saitenmeister ließ seine Finger in unerhört virtuoser Technik über die Saiten flitzen, als wär’s eine Entspannungsübung, schroff-polternd mit metallisch-hartem Stakkato und Melancholie.

Der bekannteste Botschafter des Flamenco selbst war hingegen unglaublich bescheiden. Jetzt ist er im Alter von 66 Jahren nach einer Herzattacke in Mexiko gestorben.

Der in der andalusischen Hafenstadt Algeciras geborene Musiker, der mit bürgerlichem Namen Francisco Sanchez Gomez hieß, hat den Flamenco weltweit populär gemacht und mit Elementen von Jazz, Blues und Klassik bereichert. Keiner verschwurbelte das Flamenco-Gefühl – Leidenschaft, Stolz und Tragik – so schön mit Folklore auf höchstem Niveau, während er stets betonte: "Ich habe nicht die Stile vermischt, sondern einfach mit Musikern anderer Sparten zusammengespielt."

Karrierestationen von Paco de Lucía

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Ein Charismatiker

De Lucia war der Tradition sehr verbunden, sagte aber: "Es ist notwendig, eine Tradition in die Jetztzeit zu transportieren, allerdings so, dass sie nicht ihre Wurzeln verliert." Den Flamenco analog zum Tango Nuevo respektvoll zu modernisieren, war die Mission des Charismatikers, der in den 1970er- und 1980er-Jahren durch seine Zusammenarbeit mit dem Sänger Camarón de la Isla bekannt geworden ist.

Der internationale Durchbruch kam 1973 mit dem Hit "Entre dos Aguas". Im Trio mit Al di Meola und John McLaughlin spielte de Lucia 1981 das Live-Album "Friday Night in San Francisco" ein, das weltweit mehr als zwei Millionen Mal verkauft wurde.

Mit dem Album "Cositas Buenas" (2004) kehrte er zu Buleria- und Rumba-Kompositionen zurück. Und suchte stets die Herausforderung des Live-Auftritts: "Du spürst das Adrenalin. Alles, was auf der Bühne passiert, ist echt. Die Energie ist ganz anders als im Tonstudio, die Seele der Musik entsteht live." Auf dem Album "En Vivo" (2010) ist sie konserviert. Wie auf vielen anderen. Denn: Paco ist Flamenco. Für immer.

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Der Flamenco ist die international bekannteste traditionelle Musik Spaniens. Seine Ursprünge liegen in Andalusien im Süden des Landes. Paco de Lucía galt als einer der bedeutendsten Gitarristen dieses Fachs.

In seiner heutigen Form gibt es den Flamenco seit dem 18. Jahrhundert, doch die Wurzeln reichen in die Zeit zurück, als die Gitanos vor rund 500 Jahren aus dem Norden Indiens nach Spanien kamen. Sie ließen sich wiederum von arabischen und jüdischen Traditionen auf der Iberischen Halbinsel beeinflussen.

Erst als König Karl III. 1780 die Verfolgungen der Gitanos per Dekret verbot und ihnen gewisse Bürgerrechte einräumte, drang ihre Musik an die Öffentlichkeit. Der Flamenco ist eine leidenschaftliche und häufig wehmütige Musik, die auf die alten Klagelieder der unterdrückten Gitanos verweist.

Er besteht aus Gesang (cante), Tanz (baile) und Gitarrenmusik. Der Rhythmus wird durch das Stampfen mit den Füßen (taconeo), Händeklatschen (palmas) und den Klang von Kastagnetten unterstrichen. Als größter Flamenco-Sänger gilt bis heute der 1992 gestorbene José Monge Cruz, besser bekannt als „Camarón de la Isla“.

Im Kino setzte der spanische Regisseur Carlos Saura dieser Musik mit seiner Trilogie „Bluthochzeit“, „Carmen“ und „Der Liebeszauber“ sowie mit seinem späteren Werk „Flamenco, flamenco“ ein Denkmal.