Kultur

Seasick Steve: Vom Landstreicher zum Star

Es ist ein Wunder: Ich bin ein alter Mann, der verrückte Musik macht, beim ersten Album schon mehrfacher Großvater war, nie im Radio gespielt wird und trotzdem 1,5 Millionen Platten verkauft hat."

Die Verwunderung darüber ist dem 1941 in Oakland geborenen Steve Wold im Interview mit dem KURIER anzuhören. Obwohl er sein ganzes Leben versucht hatte, von der Musik zu leben, wurde er erst 2007 mit dem Live-Auftritt in der Jools-Holland-Show der BBC bekannt. Seither spielte er am Glastonbury-Festival vor 80.000 Leuten und gilt als der Mann, der den Teenagern wieder Lust auf Blues macht. Sein jüngstes Album hat Seasick Steve "Hubcap Music" ("Radkappen-Musik") genannt, weil es mit einer Gitarre aus Radkappen aufgenommen wurde.

Grill-Zange

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"Ich hatte vor einigen Jahren eine Radkappen-Gitarre geschenkt bekommen", erzählt er. "Und dann war ich bei Jack White in den USA. Er wusste nicht, dass ich eine zu Hause habe und schenkte mir eine Radkappe von einem alten Auto aus den 30er-Jahren – nur weil er ein Oldtimer-Fan ist. Da hatte ich die Idee, mir daraus eine Gitarre zu basteln. Ich nahm den Stiel eines Rechens für den Hals, eine Grill-Zange für die Saitenhalterung und ein paar Teile aus einer Autowerkstatt."

Natürlich wird Seasick Steve diese Gitarre dabei haben, wenn er am 26. Juni in der Wiener Arena auftritt. Genau wie die neuen Songs, in denen er sich an die Zeit erinnert, in der er als Landstreicher unterwegs war.

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Drei oder vier Leben

"Ich bin von zu Hause weg, bevor ich 14 war. Wenn dann jahrelang die Straße dein Zuhause ist, machst du Erfahrungen für drei oder vier Leben. Obwohl ich danach die meiste Zeit meines Lebens in normalen Jobs gearbeitet habe, um fünf Söhne großzuziehen, komme ich in Songs gern auf diese Zeit zurück. Aber vielleicht auch nur, weil alte Männer gern über die ,gute alte Zeit‘ reden."

So ist der Song "Self Sufficient Man" eine Antwort für die Kritiker, die seine erstaunliche Biografie für einen Mythos halten. Und "Freedom Road" handelt davon, wie es ist, aus dem Gefängnis entlassen zu werden.

"Freiheit ist so ein wunderbares Gut", sagt er. "Aber man lernt sie erst zu schätzen, wenn sie einem entzogen wird. Ich war öfter im Knast. Ich habe nur ein, zwei Mal wirklich etwas angestellt, wurde zum Beispiel mit Gras erwischt. Aber damals in den 60er-Jahren konnte man ja für Landstreicherei eingesperrt werden. Deshalb – bei allem, was ich vorhin gesagt habe – ich weiß schon genau, dass die Zeiten damals kein bisschen besser waren."