"Schreibsklaven statt Visionen"
Von Anna Gasteiger
Ob es mehr als ein kurzes Innehalten ist, sei dahingestellt: Ein Mal im Jahr treffen sich Medienleute aus ganz Österreich, diskutieren, netzwerken – und lassen sich eine auf den Deckel geben. Die Medienmacher des Landes hätten die Branche mit ihrer Visionslosigkeit "ans offene Grab geführt", wetterte Verleger Hans-Jörgen Manstein zur Eröffnung der 19. Medientage. Der Gespür für den Inhalt sei verloren gegangen, die Profitmaximierung stehe über allem. Manstein kritisierte dabei auch die Situation der freien Mitarbeiter, nicht nur im ORF: "Denk` ich an die Medien, dann fallen mir anstatt von Visionen Schreibsklaven ein."
An die Verantwortung der Medienmacher appellierte auch Keynote-Speaker Jean Ziegler: "Sobald ein Journalist den Computer andreht, hat er unerhörte Macht." Die Presse müsse das Schweigen brechen und die kausalen Mechanismen der "kannibalischenWeltordnung" freilegen – sonst würden sie sich zu stillen Komplizen derer Herren machen.
Qualität schärfen
Integration und Zusammenleben war Thema der ersten Diskussionsrunde dieser Medientage, an der auch KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger teilnahm. Das gesellschaftliche Spektrum abzubilden und einen Dialog zu ermöglichen sei Aufgabe und Anliegen des KURIER, sagte Kralinger – u. a. mit der jüngst gestarteten Initiative "Wir verbessern Österreich".
KURIER-Chefredakteur Helmut Brandstätter schlug in einer Runde zum Thema Medienkorruption erneut vor, dass nur jene Medien Anzeigen aus dem öffentlichen Bereich erhalten sollten, die sich ethischen Standards verpflichten. "Wir sollten uns darauf einigen, dass jede Zeitung ein Redakteursstatut hat." In Richtung Boulevard (vertreten durch Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner – von Kleine Zeitung-Journalistin Eva Weissenberger als "Boulevard-Opi" bezeichnet): "Der Boulevard ist unfähig. Was sie schreiben, bewegt nicht, und das ist das Großartige."