Kultur

Er ist für alle Welt Dr. Schiwago

Das Wüstenepos „Lawrence von Arabien“ (1962) mit Peter O’Toole an seiner Seite bezeichnete er selbst als seinen wichtigsten Film.

Unvergessen ist Omar Sharif in der Roman-Verfilmung von Boris Pasternak als dichtender Arzt Jurij Schiwago, der zwischen zwei Frauen steht. Beim Blick in Schiwagos dunkle Augen blieb kein Frauenherz unberührt. Auch das Musical „Funny Girl“ (1968) mit Barbra Streisand machte den Frauenschwarm zum international gefragten Star. Und seinen letzten großen Kinoerfolg feierte er 2003 mit „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“. Da spielte er einen muslimischen Gemüsehändler, der einem einsamen jüdischen Jungen im Paris der 60er-Jahre Lebensmut und Weisheit beibringt.

Am Freitag ist der Schauspieler, 1932 als Michel Shalhoub in Alexandria geboren, im Alter von 83 Jahren in einem Spital für Alzheimer-Patienten in Kairo gestorben.

Vom Unglück Ruhm

„Ich denke nur daran, was ich in den nächsten fünf Minuten tun werde“, sagte er vor drei Jahren in einem Zeit-Interview. Überhaupt pflege er keinen Kontakt mit ehemaligen Kollegen oder anderen Menschen außerhalb der Familie. Sein bester Freund sei sein einziger Sohn Tarek, der in Kairo mehrere Restaurants betreibt. Sein größter Stolz: seine vier Enkel.

Omar Sharif war einmal einer der besten Bridge-Profis – und 1973 sogar Weltmeister. Pferdewetten waren eine andere Leidenschaft. Deshalb drehte er, allein wegen der Spielschulden, einen Film nach dem anderen. Vielleicht, klagte er, sei der Ruhm das größte Unglück, das ihm je zugestoßen sei.

Das passierte, als ihn David Lean für „Lawrence von Arabien“ engagierte – und Sharif prompt für einen Oscar nominiert wurde.

In späteren Jahren monierte der Schauspieler, dass er vom Publikum nahezu ausschließlich mit seiner Rolle des Doktor Schiwago identifiziert werde und seine anderen Filmauftritte kaum Beachtung fänden: „Ich bin für alle Welt nur Dr. Schiwago.“

Das dadurch entstandene Image des Frauenschwarms ist Sharif nicht mehr losgeworden, obgleich er in den 1970er-Jahren sein Augenmerk auf exotische Rollen legte.

Der Ruhm habe ihn isoliert. Nach seiner Scheidung von Ehefrau Faten Hammama hat Sharif, dem unzählige Affären nachgesagt wurden, nie wieder geheiratet.

Er habe fast vier Jahrzehnte in Hotelzimmern gelebt. Die treffendste Parabel dieses Lebens habe William Wylers Film „Funny Girl“ gegeben: Er erzählt die Geschichte der Liebes- und Glücksflucht eines am Ende zur Einsamkeit verdammten Pokerspielers.

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Alternder Charmeur

„Ich habe in den letzten dreißig Jahren zu viele schlechte Filme gedreht und den Spaß an der Arbeit verloren“, sagte er bereits vor zehn Jahren. Warum er denn überhaupt schlechte Filme gedreht hat? „Wegen der Gage!“, gestand Sharif.

„Aber ich bin nicht narzisstisch genug für schlechte Filme. Gute Schauspieler müssen sich selbst gefallen – auch in miserablen Rollen. Sonst nimmt ihnen der Zuschauer ihre Leinwandpräsenz nicht ab. Ich konnte das aber nicht und beschloss deshalb, zu pausieren und auf einen neuen Euphorieschub zu warten.“ Der aber kam erst mit dem Drehbuch zu „Monsieur Ibrahim“. Und er gab den alternden Charmeur.

Seit der Scheidung ein Vagabund mit Wohnsitzen in den USA, England, Ägypten und Frankreich, fühlte er sich nur in Kairo wohl, weil „unter Freunden“, wie er sagte. Dort starb er am Freitag an einem Herzinfarkt.