Kultur

Roosevelt: Lieber fantastisch poppig als erbärmlich echt

"Authentizität, die in Deutschland so großgeschrieben wird, hat mich nie interessiert", sagt Roosevelt. "Ich war als Kind ein Riesen-Fan von Leuten wie David Bowie, Prince und Michael Jackson, die unsterbliche Figuren geschaffen haben. Für mich ist es das Wesen der Pop-Kultur, so etwas Fantastisches zu kreieren: etwas Größeres als diese erbärmliche menschliche Person, die man ist."

Deshalb hat sich Produzent Marius Lauber als Künstler das Pseudonym Roosevelt zugelegt. Am kommenden Freitag erscheint sein Debüt-Album, bei dem der 25-Jährige elektronische Disco-Sounds mit melancholischen Elementen, Gitarren, Klavier und Gesang verbindet. Auch wenn letzterer eher atmosphärisch als erzählerisch eingesetzt wird.

"Ich arbeite viel mit Wiederholungen von Worten, die mir phonetisch gefallen und die Stimmung der instrumentalen Basis verstärken. Ich erzähle absichtlich keine konkreten Geschichten. Ich will Musik machen, die etwas paradox ist. Denn sie animiert zum Tanzen, man wird dabei aber immer wieder von traurigen Elementen überrascht und getroffen."

Schüchtern

Joe Goddard von der britischen Band Hot Chip hat diesen Roosevelt-Sound gehört und den Kölner aufgrund eines einzigen Songs auf sein Label geholt. "Es war der Track ,Sea‘, den ich nur um ihm einem Freund zur Verfügung zu stellen ins Internet gestellt hatte", sagt Lauber. "Bis heute weiß ich nicht, wie Joe den gefunden hat." Im KURIER-Gespräch gibt Lauber zu, dass es aber ein langer Prozess war, bis er den Schritt vom DJ und Produzenten zum Musiker und Künstler wagen konnte.

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"Ich habe als Sechsjähriger drei Jahre lang Klavier gelernt", erzählt er. "Damit habe ich aber wieder aufgehört, weil mir Fußball wichtiger geworden war und das Noten lesen auf die Nerven ging. Mit 15 habe ich dann die E-Gitarre entdeckt und in Schulbands gespielt. Später war ich der Drummer in einer professionelleren Band. Danach habe ich als DJ die Club-Kultur kennen- und lieben gelernt."

Lange waren Indie-Rock und Dance-Sounds zwei getrennte Welten für Lauber. Bis er Human League und Talk Talk entdeckte und sich daran machte, die beiden Welten zu verschmelzen. Allerdings nie mit dem Ziel, ein eigenes Album zu veröffentlichen: "Ich bin schüchtern und war nie der Frontmann gewesen. Ich musste erst von Leuten wie Joe Goddard, die mir das zutrauten, ins Rampenlicht geschubst werden, bevor ich selbst dachte, dass ich das kann. Das ist der zweite Grund für das Pseudonym: Ich bin als Roosevelt weniger nervös."