Kultur

Romy & Alain: Die Liebe hat nie aufgehört

Das Bild will nicht mehr aus dem Kopf: In den Drehpausen, wenn Sissi – also Romy Schneider – mit ihrem Kaiser Franz Joseph – also mit Karlheinz Böhm – geredet hat, sagte sie ... Onkel zu ihm.

Bei Alain Delon, den sie bald darauf kennengelernt hatte, kam ihr diese Idee nicht. Delon war ihr „Pépé“. Und Romy war sein „Puppele“, auch im öffentlichen Abschiedsbrief nach dem Begräbnis 1982:

„Adieu, ma Puppele.“

Den Wiener Günter Krenn, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Filmarchivs Austria, wundert’s, warum diese Liebe – ohne dich kann ich nicht leben, mit dir kann ich nicht sein – nicht längst Roman wurde oder Film: Deutlicher kann man eigenen Wünschen nicht begegnen.

Krenn hat vor Jahren eine Biografie über Romy Schneider geschrieben. Bei der Arbeit an seinem neuen, detailreichen, zärtlichen Buch „Romy & Alain“ wurde er trotzdem überrascht.

Alle Inhalte anzeigen

KURIER: Was haben Sie falsch eingeschätzt? Günter Krenn:Delon zu beschreiben, ist nicht unbedingt leicht, weil er polarisiert, und ich ihn objektiv zu erfassen suchte. Man muss sich erst in seinem widersprüchlichen System zurechtfinden. Überrascht hat mich die starke freundschaftliche Bindung, die beide nach der Trennung verband. Delons Credo in Sachen Freundschaft ist ewig, es trägt wie vieles in seinem Denken archaische Züge – und er handelt auch danach.

Lieber ein Bier mit Alain oder ein Kaffee mit Romy? Ein Glas Rotwein mit beiden. Nein, eine Flasche.

Den Halt, den sie brauchte, konnte er ihr während der fast sechsjährigen Verlobungszeit nicht geben. Alain Delon war nicht da. Sein Weg führte bis 1964 mit Viscontis „Rocco und seine Brüder“ bzw. „Der Leopard“ steil nach oben. Romy Schneider musste auf ihn und auf gute Rollen warten. Sie musste sich als Anhängsel fühlen. Ungefähr zehn Hochzeitstermine wurden abgesagt.

Als er sie stehen ließ, eine andere heiratete, einen Sohn bekam ... als sie einen anderen heiratete, einen Sohn bekam (und Delon gerüchteweise verkündete, sein Bub sei der Schönere) ... als sie auseinander waren, dann war er da.

Angeblich hüpfte sie am Telefon vor Freude – und Ehemann Harry Meyen stand versteinert neben ihr –, als Alain Delon sie wegen des gemeinsamen Projekts „Der Swimmingpool“ anrief.

Schneider & Delon: Das gemeinsame Leben

Alle Inhalte anzeigen

Stärkeres

Der Film sieht aus wie das Dokument der früheren Liebe – die sich in große Zärtlichkeit verwandelt hatte, in etwas Stärkeres, in Freundschaft. Die Amour fou ging über in eine tendre amitié.

Freundschaft bedeutet Delon viel mehr – Treuezwang, und zwar ohne mildernde Umstände.

Später sagte Romy Schneider: „Der wichtigste Mann in meinem Leben war und ist Alain Delon.“

Später sagte Alain Delon: „Es gab niemals eine Trennung. Dieses Wort passt nicht. Es ist einfach eine Entfernung, das Leben eben. Unsere Liebe hat nicht aufgehört. Sie hat sich verändert.“

Viel später, zu spät bedauerte er, sie nicht geheiratet zu haben. Nachsatz: „Aber hätte es ihr Schicksal geändert?“

Er war da. Der Einzige, mit dem sie immer rechnete und rechnen konnte. Selbstverständlich war er auch am Anfang ihres Endes bei ihr, als Sohn David tödlich verunglückte.

Alle Inhalte anzeigen

Alain Delon wachte über sie, hielt sie, organisierte Begräbnis, Bodyguards (während Freundin Marlene Dietrich ihr vor allem Tabletten schickte, damit Romy Schneider schlafen konnte, damit sie aufstehen konnte, damit sie ihren letzten Film „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ überstehen konnte ...).

Und stand ein Jahr danach in Romy Schneiders Pariser Wohnung an ihrer Bahre. Kniete nieder. Stundenlang. Küsste sie.

Romy Schneider wäre am 23. September 75 Jahre alt geworden wäre.

Alain Delon wird am 8. November 78.

Kurier-Wertung: