Kultur

Halbreif für die Insel

Rockfestivals sind ja so was wie die Wellnesstage des (rest-)jugendlichen Aufbegehrens: Wie im Thermenhotel legt man die Insignien der Zivilisation – lange Hosen, Oberbekleidung, die Fähigkeit, Sonnencreme aufzutragen – an der Rezeption ab. Dieser Pauschalurlaub vom Spießbürgertum ist beim Rock in Vienna sanft eingebettet in den umgebenden Alltag: Die Zivilisation bleibt von der Donauinsel aus in Sichtweite.

Es ist ein wenig wie eine Safari im voll klimatisierten Luxusbus.

Lederhosen, Hitze und Rock in Vienna: Tag 1

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Schwer-Metal-Arbeit

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Das hat Vorteile: In der klimatisierten U-Bahn bleibt das aufgebügelte Rocker-Jackerl frisch und duftend, bis ganz aufs Gelände. Der nahe öffentliche Verkehr gibt das wohlige Gefühl, bei programmatischen Durchhängern jederzeit abhauen zu können. Und nach getaner Schwer-Metal-Arbeit geht es für viele heim zur eigenen Espressomaschine und Bettstatt.

Macht nichts. Der wackere Rock’n’Roll-Spirit wurde ja in den letzten Jahren ohnehin schon gebührend aufgeweicht: Auf jedem Rockfestival gibt es schon Schattenplätze, Vergnügungspark-Attraktionen und Massagestationen.

Apropos jedes Rockfestival: Die Highlights am ersten Tag heißen Faith No More und Metallica. Daran sieht man schon: Mit dem neuen Rock in Vienna, das sich dem am kommenden Wochenende angesetzten Platzhirschen Nova Rock vor die Nase setzte, hat man programmatisch keinerlei Innovationsdrang. Und so manchem dämmerte erst auf dem Gelände, das zwei abwechselnd bespielte Bühnen nicht das selbe Ausmaß an Programm bieten wie zwei gleichzeitig bespielte Bühnen.

Aber Rockfestivals sind auch wirklich ein zunehmend hartes Geschäft, vorher angekündigte Besucherzahlen werden gerne nach unten korrigiert, die Rockstars verlangen immense Gagen und das eigentliche Geld liegt in umgebenden Einnahmen.

Essen auf Rädern

So finden sich auch auf der Donauinsel nunmehr mobile Essens-Läden mit deutschen Kennzeichen, hier zahlt der hungrige Festivalbesucher dafür, sich nicht noch zu hause kostengünstig den Wanst vollgeschlagen zu haben. Da werden wir für die kommenden Tage besser vorbereitet sein. So wie die Tontechniker, die bei den ersten Bands noch kräftig am Sound bastelten.

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Das mit dem Trinken hat aber auch schon am Donnerstag gut geklappt. Da macht es sich bezahlt, dass man zum jeweils nächsten Act nicht weite Wege wandern, sondern nur den Kopf drehen muss. Einfach mal liegen bleiben, wir sind ja auf Urlaub.

Eines muss jedenfalls lobend erwähnt werden: Auch für die Gesundheit der rockbefreiten Allgemeinbevölkerung wurde etwas getan. Ganz viele Feiertagsradfahrer mussten sich wegen der Absperrungen neue Um-Wege über die Insel suchen; das hieß zusätzlich Strampeln.

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Dieser Termin war der geeignetste. Denn da ist im internationalen Festivalkalender zwischen Frankreich, England, Deutschland und den Beneluxländern eine Lücke." Detlef Kornett, Vorstand des deutschen Konzert-Büros DEAG, sieht nichts Böses dabei, dass er das neue "Rock in Vienna"-Festival am Wochenende vor dem etablierten Nova Rock veranstaltet.

Seit im Herbst bekannt wurde, dass "Rock in Vienna" von 4. bis 6. Juni auf der Donauinsel stattfinden wird, wird diskutiert, ob Ostösterreich noch ein Rockfestival braucht. Aber auch, warum das neue so aggressiv gegen die Konkurrenz gebucht wurde. Diesen Vorwurf weist Kornett im KURIER-Interview beim Lokalaugenschein auf dem entstehenden Festivalgelände zurück: "Wir empfinden das in keinster Weise als aggressiv. Denn unser Festival ist eine Ergänzung zum bestehenden Angebot, kein Wettbewerb. Es ist in genügendem zeitlichen Abstand."

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Als Ergänzung bezeichnen die Veranstalter "Rock in Vienna", weil es ein Stadt-Festival ist, bei dem Gäste in Hotels schlafen können. "Natürlich kann es sein, dass zu uns mehr ältere Leute kommen, die keine Lust auf Camping haben. Aber wir haben auch für die 14- bis 29-Jährigen Camping-Angebote. Außerdem kommen – vor allem aus England – viele, die das mit einem Städtetrip verbinden."

Gäste aus Japan

Sogar in Japan wurden Karten für "Rock in Vienna" verkauft. Aber vermutlich nur wegen der Hysterie, die dort um die Band Babymetal herrscht – um drei japanische Mädchen, die zu Metal-Klängen singen und Popband-mäßig herumhüpfen.

Damit das neue Festival einen "deutlichen Wien-Bezug" bekommt, haben die Veranstalter dafür das "Mind/Soul"-Konzept entwickelt. Doch die Idee, ihm ein "Wissenschaft/Kunst"-Motto überzustülpen, wirkt eher kopflos. Denn sie beschränkt sich auf das Festival-Artwork, für das Images von Sigmund Freud und Klimts "Adele" mit Industrial-Grafik verändert wurden. Entsprechende Angebote im Rahmenprogramm gibt es nicht.

Aber dafür ist bei "Rock in Vienna" ohnehin keine Zeit. Denn hier werden zwei nebeneinander stehende Bühnen abwechselnd bespielt, wodurch es keine Umbaupausen gibt. Da geht es an den Abenden mit Faith No More und Metallica, mit The Hives, Incubus, Muse, Limp Bizkit und Kiss Schlag auf Schlag.

Was bei Rockkonzerten am meisten nervt

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Donnerstag, 4. Juni 2015

Mindstage Soulstage
BROILERS 19.40 – 20:40 METALLICA 20:45 – 23:00
A DAY TO REMEMBER 17:30 – 18:30 FAITH NO MORE 18:35 – 19:25
TESTAMENT 15.50 – 16.35 BODY COUNT ft. ICE-T 16:35 – 17:25
GOJIRA 14:30 – 15:10 3 DAYS GRACE 15:10 – 15:50
A CAUSTIC FATE 14:00 – 14:30

Freitag, 5. Juni 2015

Mindstage Soulstage
INCUBUS 20:15 – 21:15 MUSE 21:20 – 23:00
WITHIN TEMPTATION 18:05 – 19:05 THE HIVES 19:10 – 20:10
TURBONEGRO 16:20 – 17:05 DANKE JONES 15:40 – 17:55
TRIGGERFINGER 15:00 – 15:40 BONAPARTE 14:30 – 15:00
ARCANE ROOTS 14:00 – 14:30 MAYBURN 13:30 – 14:00

Samstag, 6. Juni 2015

Mindstage Soulstage
SABATON 19:55 – 20:55 KISS 21:00 – 23:00
AIRBOUNRE 17:45 – 18:45 LIMP BIZKIT 18:50 – 19:50
BABY METAL 15:45 – 16:35 HEAVEN SHALL BURN 16:35 – 17:35
COAL CHAMBER 14:15 – 15:00 OPETH 15:00 – 15:45
HELL YEAH 13:15 – 13:45 SCHIRENC plays P. STENCH 13:45 – 14:15
THE DEAD DAISIES 12:45 – 13:15
BOON 12:00 – 12:30