Ring-a-ding-ding, nach Sinatra kommt die Staatsoper
Von Peter Pisa
Das gefällt (nicht nur) Theresa Prammer, wenn ein unauffälliger Mensch in der Nachbarschaft als Verbrecher verhaftet wird, und alle sagen:
"Aber der war doch immer so nett und hilfsbereit ..."
Von Geheimnissen lebt die Literatur – es ist bloß die Frage: Hat die schreibende Schauspielerin aus Wien unbedingt einen Krimi machen müssen, der der Weisheit folgt: Niemand ist nur das, was er auf dem ersten Blick zu sein scheint???
Ihr Debüt "Die Rettung der Regenwürmer" war so mutig gewesen: Da musste Frank Sinatra auf die Erde zurück, um Schutzengel zu spielen. Sinatra war zwar nicht mehr frisch, aber – Ring-a-ding-ding – seine Stimme klang noch, als hätte ein Goldbarren Sex mit einer Flasche Weichspüler gehabt.
Was für ein schöner Schmus war das!
Und jetzt, der zweite Roman der 40-Jährigen: Er ist bloß einer von Zehntausend neuen Krimis. Aber, schau dir was an: In der Staatsoper tritt ein Monostatos in der "Zauberflöte" auf, der singt, bis das Publikum schreit, weil er blutet – weil er gleich auf offener Bühne verbluten wird.
Und eine Soubrette wird von einer Kulisse erschlagen.
Beide waren keine Koryphäen. Nicht so wie Opernsängerin Maria Fiore, die auch schon tot ist, aber: Sie macht ihre Tochter Carlotta zur Hauptfigur der "Wiener Totenlieder": Carlotta kennt sich in der Staatsoper gut aus, außerdem ist sie Detektivin.
Kaufhausdetektivin.
Und da merkt man, dass Theresa Prammer gar keine Krimi-Stütze braucht: Eine seltsame Ladendiebin kommt regelmäßig stehlen, damit Carlotta sie erwischt, in ihr Kammerl nimmt – und dort mit ihr Kaffee trinkt.
Das ist der Stoff, den man viel eher braucht.
Schöne Ideen hat diese Autorin. Und Schwung. Und Witz. Mindestens noch zwei Bücher mit Carlotta wird es geben. Ist schon in Ordnung. Danach aber bitte weg mit sämtlichen Krücken.
KURIER-Wertung:
INFO: Theresa Prammer: „Wiener Totenlieder“ Verlag Marion von Schroeder. 384 Seiten. 17,50 Euro.