Kultur

"Man sollte nicht alles enträtseln"

Beheimatet ist sie im Theater. Aber gelegentlich inszeniert sie auch Opern. So wie jetzt: Andrea Breth zeigt bei den Wiener Festwochen ihre Inszenierung von Béla Bartóks einaktiger Oper "Herzog Blaubarts Burg" (Premiere ist morgen, Freitag) im Theater an der Wien.

Im zweiten Teil des Abends werden Robert Schumanns "Geistervariationen" aufgeführt, die die Geschichte von Herzog Blaubart und seiner Verehrerin Judith "im vollkommenen Perspektivenwechsel weitererzählen", so Festwochen-Intendant Markus Hinterhäuser.

Oper ist anders

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Andrea Breth hat erst relativ spät in ihrer Karriere ihre erste Oper inszeniert: Glucks "Orfeo ed Euridice" 2000 in Leipzig. Warum so spät? "Weil ich mir das nicht zugetraut habe. Oper ist vollkommen anders als Schauspiel, das war mir unheimlich. Deswegen habe ich gewartet. Ich denke, dass man für die Oper eine andere theatralische Sprache finden muss. Sie ist nun mal in ihren Bildern und Bewegungen nicht unbedingt realistisch."

Erstmals Wien

Und warum hat es noch einmal 15 Jahre gedauert, bis eine erste Operninszenierung in Wien zustande kam?

"Es war nicht so, dass ich nicht angesprochen wurde. Aber es lag an den Arbeitsbedingungen. Ohne lange Probezeiten kann ich nicht arbeiten. Aber ich verstehe, dass das in diesen Häusern usus ist, und so kommt man mit verschiedenen Vorstellungen, wie man zu einer Aufführung gelangt, eben nicht zusammen."

Der Einakter "Herzog Blaubarts Burg" birgt für die Regisseurin "unendlich viele Komplikationen. Die Oper ist nicht dramatisch. Dann gibt es das Problem mit den sieben Türen ..."

Diese Türen, hinter denen sich ein Panoptikum des Grauens verbirgt, gibt es in dieser Inszenierung nicht. Auf einer Scheibe (Bühnenbild: Martin Zehetgruber) spielt sich diese Reise durch Innenräume der Seele ab.

Neue Interpretation

Wird Judith in "Herzog Blaubarts Burg" zum Opfer ihres Geliebten?

Andrea Breth sieht das anders: "Für mich gibt es kein Opfer, also nicht im Sinne von Blaubart. Denn wenn Judith ganz schnell immer tiefer, immer tiefer eindringen will in seinen seelischen Haushalt – ohne Geduld und ohne zu warten, ob der andere von sich aus bereit ist sich zu öffnen, dann empfinde ich diese Frau als Täter."

Es geht ihr nicht um die Unterdrückungsgeschichte eines Mannes zu einer Frau: " Man kann das ja auch einmal anders lesen. Nicht unbedingt sehr feministisch, dass die Frau unterdrückt ist", so Breth. "Ich glaube nicht, dass das für ein Publikum jetzt noch so spannend ist."

Außerdem plädiert Andrea Breth dafür, "die Fremdheit der Geschichte zu erhalten. Man sollte nicht alles enträtseln. Es interessiert uns nicht im Theater, wenn alles ganz eindeutig ist. Da sind schon die ersten fünf Minuten zu lang."

Höchst kompliziert

Nun ist Bartóks Oper ein "szenischer Dialog" – eine besondere Schwierigkeit für die Regie?

"Jedes Kunstwerk ist eine bestimmte Herausforderung und die ist jedes Mal wieder neu. Blaubart ist eine höchst komplizierte Oper. Aber nicht sosehr, weil es nur zwei Charaktere auf der Bühne gibt, sondern weil man dem Fluss der Musik schon sehr Folge leisten muss bei dem, was man auf der Bühne macht."

"Geistervariationen"

Markus Hinterhäuser hatte die Idee, als Ergänzung zu "Blaubart", sonst mit einer weiteren kleinen Oper kombiniert, die "Geistervariationen" zu spielen, das letzte Werk Schumanns, bevor er nach Selbstmordversuchen in eine Nervenheilanstalt eingeliefert wurde.

Kent Nagano, der bei Bartók das Gustav Mahler Jugendorchester leitet, "war auch sofort dafür, obwohl er ja hätte sagen können, er möchte doch auch im zweiten Teil etwas dirigieren", so Breth. Als nächste Oper inszenierte Breth Puccinis "Manon Lescaut" in Amsterdam.

In Wien ist vorläufig keine weitere Opernregie geplant. Breth: "Ich gehöre nicht zu den Leuten, die so viel inszenieren. Es war jetzt eng: Zuerst ,Jakob Lenz‘, dann ,Macbeth‘ und jetzt ,Blaubart‘. Man muss das auch wieder aus dem Kopf kriegen."

Nach einer Pause

Am Akademietheater inszeniert sie ab November "Diese Geschichte von Ihnen" von John Hopkins (Premiere: Jänner 2016). "Ein sogenanntes well-made play, in dem es um Opfer und Täter geht", so Breth, "aber nicht so highbrow literature".

Und wann ist für Andrea Breth etwas gelungen? "Nie. Das ist der Gang der Dinge. Man gibt seine Arbeit an die Öffentlichkeit ab. Wenn die damit etwas anfangen kann, ist es schön", sagt die Regisseurin. "Aber ich mache es nicht für das Publikum. Ich muss die Messlatte des Werkes erreichen. Es ist immer eine Auseinandersetzung mit dem Werk und nicht mit meiner Meinung."

Sie sieht sich als Dienstleisterin: "Meine Aufgabe ist der Dienst am Werk und dass die Zuschauer nicht einschlafen. Wir sollten Respekt vor den Autoren und Dichtern haben. Ich muss es doch nicht machen, wenn ich alles blöd finde."