Kultur

Die eingefrorene Schönheit

Felsen, Meer, Geysire: Bei der umwerfenden Schönheit, die Island zu bieten hat, könne man gar nicht anders, als ironisch zu werden, findet Ragnar Kjartansson. Für den international renommierten Künstler, der bis 27. April im Wiener Augarten residiert, brachte niemand die Zerrissenheit zwischen Ergriffenheit und Distanz so gut auf den Punkt wie Halldór LaxnessIslands bisher einziger Literaturnobelpreisträger.

"Laxness war aktiver Kommunist, und er schrieb seinen Roman ,Weltlicht‘ zunächst als Satire auf das Bild des romantischen Künstlers", erzählt Kjartansson. "Er dachte, ein Künstler muss nützlich sein und für Gerechtigkeit kämpfen. Doch er verliebte sich zunehmend in seinen Charakter, der sich nicht darum kümmert, sondern sagt: , Politik ist mir egal, die Wolken am Himmel sind es, die mich interessieren.‘"

Mit der Beschreibung dieser "Schizophrenie", sagt Kjartansson, ist der vierbändige, zwischen 1937 und 1940 veröffentlichte Roman ein Schlüsselwerk für die so schwelgerische wie wundersame Ästhetik, die Island in jüngerer Zeit hervorgebracht hat – egal ob es um die Musik von Björk und Sigur Rós oder um die Natur-Kunst-Schauspiele von Olafur Eliasson geht.

Während seines Engagements in dem von Francesca Habsburgs Stiftung "TBA 21" betriebenen Atelierbau im Augarten hat sich Kjartansson nun vorgenommen, Laxness’ Epos zu verfilmen: Mit einem Team von 25 Personen und dem "Budget eines Softpornos" eigentlich ein absurdes Unterfangen.

Schöner Schein

Ich finde aber, es ist besser, den Film so zu drehen als mit einem großen Hollywood-Budget", sagt Kjartansson. "Im Buch ist immer von der Schönheit der Natur die Rede. Aber wir können sie nie wirklich zeigen, sondern immer nur eine Kulissenversion davon."

So wird in den Räumen nun also an Landschaften gemalt, an Filmsets geschraubt und an Kostümen genäht. Besucher sind eingeladen, zuzusehen (Mi.–So. 12–17 Uhr, Sa. bis 24 Uhr, www.tba21.org).

"Es liegt vielleicht daran, dass ich am Theater aufgewachsen bin und immer bei den Proben dabei war", erklärt der 1976 geborene Kjartansson, dessen Vater auch beim Projekt mitarbeitet. "Mein Großvater war Bildhauer, und ich verbrachte viel Zeit im Atelier. Ich fand, dass das Stück oder die Ausstellung weniger interessant war als der Prozess, in dem das Werk geschaffen wurde." Es sei gar nicht sicher, ob es nun überhaupt einen fertigen Film geben würde, fügt er hinzu – und wenn, würde dieser vielleicht nur im Bekanntenkreis gezeigt.

Für Kjartansson ist das Augarten-Projekt auch eine Fortsetzung jenes Werks, das er 2009 bei der Venedig-Biennale realisierte: Damals verbrachte er die Laufzeit der Kunstschau mit einem Mitarbeiter in einem Palazzo und malte pro Tag ein Bild. "Es war die klassische Situation von Maler und Modell, hier ist es die Situation in einer Gruppe", sagt Kjartansson. "Wenn man so etwas über längere Zeit macht, wird eine Darbietung zur Skulptur oder zum Gemälde. Das ist die Idee: Etwas zu nehmen – und einzufrieren."