Queen + Adam Lambert: Nostalgischer Spaß
„Lasst mich den Leuten danken, mit denen ich heute auf der Bühne stehen darf. Sie sind wahre Legenden der Rock-Musik: Brian May und Roger Taylor!“
Diese Ansage von Sänger Adam Lambert nach rund einem Viertel der Show von Queen in der Wiener Stadthalle war wie ein Signal. Es gab minutenlangen tosenden Applaus, stehende Ovationen, eine Stimmung, wie davor noch bei keinem Song (obwohl da schon Hits wie „Tie Your Mother Down“ und „Another One Bites The Dust“ dabei gewesen waren). Die Empathie der Wiener für diese Band ist ungebrochen. Denn Gitarrist May und Drummer Taylor sind nicht nur Legenden, sondern auch noch welche, die auch schon in ihrer Glanzzeit - damals noch mit dem 1991 verstorbenen Sänger Freddie Mercury - oft und gerne in Wien waren und so mit dem hiesigen Publikum eine loyale, bedingungslose Zuneigung aufgebaut haben.
Wie schon 2015 sind Queen diesmal mit Sänger Adam Lambert gekommen. Als „Glücksfall“ hat Brian May den 35-Jährigen Amerikaner, den er bei einem Auftritt bei „American Idol“ kennen gelernt hatte, bezeichnet. Lambert bringt - anders als der erdige Blues-Sänger Paul Rodgers, mit dem Queen 2008 in Wien waren - mit seinem augenzwinkernd exaltiertem Gehabe, diversen Glitzeroutfits in silber oder rosa ein glamouröses Element mit auf die Bühne, das auch Mercury auszeichnete. Und das passt nicht nur besser zu dem bombastischen Queen-Sound mit vielstimmigem Gesang, breiten Harmonien und den fetten Gitarren, es gehört dazu und ging bei den Konzerten mit Paul Rodgers ab.
Noch wichtiger aber: Lambert ist stimmlich die bestmögliche Annäherung an den unvergleichlichen Mercury. Auch in den höchsten Höhen hat sein Vokal-Organ immense Kraft, bei den Balladen eine anrührende Verletzlichkeit.
Die Setlist bietet Lambert jede Möglichkeit zu glänzen. Und den Zusehern alles, was sie sich wünschen. Fast zwei Stunden reihen Queen + Adam Lambert in Wien Hit an Hit: „Don’t Stop Me Now“, „I Want It All“ und „Killer Queen“, bei dem Lambert auf dem Kopf des metallischen Roboters sitzt, der einst das „News Of The World“-Cover zierte, und während der ganzen, perfekt inszenierten Show immer wieder in den LED-Projektionen auf der Bühnenrückwand oder dem Halbkreis-förmigen Schirm über den Köpfen der Musiker auftaucht.
Beim obligatorischen Echoplex-Solo von Brian May, bei dem der 70-Jährige zum eigenen Echo Harmonien aufbaut, hat sich der Halbkreis auf den Boden gesenkt und es scheint, als würde die Roboter-Hand den Gitarristen in einen Sternenhimmel heben, während der auf einem Podest hinter dem Halbkreis hochgefahren wird.
Die berührendsten Momente sind aber die unspektakulären. Wenn Lambert und Taylor vorne am weit ins Publikum ragenden Steg „Under Pressure“ singen. Wenn „Crazy Little Thing Called Love“ durch die Halle swingt. Und vor allem, wenn Brian May ganz alleine vorne am Steg am Hocker sitzt, „Love Of My Life“ singt und dann im Video Freddie auftaucht und posthum zu Mays Gitarre singt.
Da wird schmerzlich klar, wie sehr Freddie fehlt. Denn Lamberts Stimme ist prächtig, aber in ihrer klaren Musical-Schönheit, fehlt ihr auch der leicht raue, leicht liederliche Unterton, der Mercurys Gesang so starken Ausdruck und Charakter gab.
Es wird schmerzlich (und auch ein bisschen wehmütig) klar, dass es die triumphalen, glorreichen Momente der Queen-Konzerte der 80er-Jahre ohne Mercury nie wieder geben kann. Obwohl May und Taylor immer noch so leidenschaftlich ans Werk gehen, wie damals. Und obwohl die Soli von May hier sogar flüssiger klingen, als voriges Jahr in Linz, und Taylor beim Drum-Duell mit Perkussionist Tyler Warren losfeuert wie als 20-Jähriger.
Allerdings ist auch klar: Das sind Songs, die eine Generation geprägt haben. Melodien, die denen, die damit aufgewachsen sind, in die Gene übergegangen sind. Deshalb macht die nostalgische Reise in die Vergangenheit immer noch großen Spaß. Das Erlebnis mag nicht mehr dasselbe sein wie bei einem Konzert mit Freddie Mercury. Aber Queen + Adam Lambert ist sicher die beste Alternative dazu, diese legendären Songs gar nicht mehr live hören zu können.