Kultur

Poirots Auferstehung - ohne Agatha Christie

In den Zimmern 121, 238 und 317 eines Londoner Hotels sind drei Gäste ermordet worden. Zwei Frauen und ein Mann. Vergiftet. Wahrscheinlich Zyankali in Tee und Sherry.

Scotland Yard hat immerhin herausgefunden, dass jedes Opfer einen goldenen Manschettenknopf im Mund hatte, darauf die Initialen PIJ.

Aber ER hat bemerkt, dass der Manschettenknopf bei zwei der Toten nahe ihrer Lippen lag und beim dritten Opfer etwas tiefer in der Mundhöhle.

Na und?

Das ist nicht in Ordnung und daher verräterisch.

Knöpfe im Mund

Es ist auch deshalb nicht in Ordnung, weil Manschettenknöpfe nicht zu dritt, sondern paarweise aufzutreten pflegen. Deshalb ist ER überzeugt, dass der Täter noch unterwegs ist, vielleicht um auch eine gewisse Jennie im braunen Wintermantel zu ermorden (die in einem Café das seltsame Gefühl geäußert hat, zu Recht umgebracht zu werden).

Wenn’s der – Verzeihung – belgische Klugscheißer Hercule Poirot sagt, dann wird es wohl stimmen.

Überblick: Wenn die Fortsetzung von anderen geschrieben wird

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26 Sprachen

Poirot schwieg seit Agatha Christies Tod im Jahr 1976. Das hat durchaus auch darin seine Logik, weil er im Roman "Vorhang" (1975 veröffentlicht) eines natürlichen Todes gestorben ist.

Aber das macht doch nichts. Nicht in der Literatur. Jetzt ermittelt er wieder – in 50 Ländern und 26 Sprachen erschien zeitgleich am vergangenen Montag der Krimi "Die Monogramm Morde".

Der Enkelsohn der britischen Schriftstellerin hat die Auferstehung nach jahrelangem Zögern gestattet.

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Agatha Christies Name steht groß auf dem Umschlag des insgesamt 34. Poirot-Romans, und etwas kleiner steht:

Sophie Hannah.

Die preisgekrönte Lyrikerin und Autorin von Psychodramen, zuletzt über Schlaflosigkeit, schafft es, mit ihrem Buch Freude auszulösen.

Sofern man für die arrogante Hirnakrobatik des Helden bisher etwas übrig gehabt hat.

Höchst lebendig ist der Detektiv, höchst aktiv sind seine berühmten grauen Zellen ... so, wie Agatha Christie ihn einst geschaffen hat, benimmt er sich; und nimmt sich viel zeit, um im Wirtshaus pedantisch die Essgabel im rechten Winkel auszurichten.

Keine Verbeugung

Dieser neue Krimi, angesiedelt im London des Jahres 1929, schließt an die besten Zeiten an – und man sieht wieder Peter Ustinov in den Kinofilmen, obwohl Ustinov immer nur Ustinov war und wenig Hercule Poirot.

Agatha Christie war davon nicht sehr angetan.

Ihre 43-jährige Nachfolgerin Sophie Hannah hat alles von ihrem Vorbild gelesen, also insgesamt 66 Romane, von denen bis heute rund vier Milliarden Exemplare verkauft wurden.

Aber sie verbeugt sich nicht vor der erfolgreichsten Autorin der Literaturgeschichte, indem sie zwischendurch an frühere Fälle erinnert.

Hannah konstruiert lieber mit viel Schwung kammerspielartige Verzwicktheiten mit falschen Identitäten bis hin zum typischen, groß inszenierten, seitenlangen Finale: wenn Hercule Poirot alle Verdächtigen und Zeugen um sich schart, diesmal im Speisesaal des Hotels, in dem alles begonnen hat.

Sie schreibe vor allem wegen des Geldes, das hat Agatha Christie oft betont. Für Sophie Hannah aber scheinen ihre "Monogramm Morde" ein absolutes Muss gewesen sein.

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Sophie Hannah: „Die Monogramm Morde“ Übers. von Giovanni und Ditte Bandini.Atlantik Verlag. 336 Seiten. 20,60 Euro.KURIER-Wertung: