Kultur

"Please, Continue (Hamlet)": Gerichtsverfahren im Theater

Das Odeon wurde bei den Wiener Festwochen zum Gerichtssaal. Die Anklage sagte: Es war Mord. Der alkoholisierte Täter sprach hingegen von einem Unfall.

Schuldig der fahrlässigen Tötung, hieß es am Schluss der Premiere: Die Geschworenen aus dem Publikum hatten ihr Urteil gesprochen.

Aber Gerechtigkeit ist keine präzise Wissenschaft, sondern oft ein launisches Kind des Zufalls. In "Please, Continue (Hamlet)" geht es um einen realen Fall, wie er sich vor Jahren in Marseille zugetragen hat.

Mord oder doch nicht Mord? Lüge oder Wahrheit? Fakt oder nur Behauptung?

Schuld- oder Freispruch? Das ist hier die Frage. Und Parallelen zum klassischen Mord an Polonius, dem Vater der Ophelia in Shakespeares "Hamlet", sind kein Zufall.

Echte Juristen

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Nach dem Setting von Performancekünstler Yan Duyvendak und Regisseur Roger Bernat sind nur der Angeklagte Hamlet, seine Mutter Gertrud und seine Ex-Freundin Ophelia Schauspieler – Richterin, Anklägerin und Anwälte dagegen echte Juristen. Auch der Gerichtsdiener und die Sachverständigen agieren wie in ihrem Berufsalltag.

Vorgeführt werden die Mechanismen, wie es zu einem Urteil kommt.

Starstrafverteidiger Rudolf Mayer hätte für sein Schlussplädoyer sogar einen Szenenapplaus bekommen, hätte ihn sich die Richterin mit Hinweis auf "die Würde des Gerichts" nicht verbeten.

Verhandelt wird jeden Abend neu. Unvorhersehbar ist der Ausgang des Verfahrens. So gab’s in bisher 81 Vorstellungen in vier Ländern 38 Frei- und 41 Schuldsprüche.

Zwei Mal wiesen die aus Besuchern ausgelosten Geschworenen den Fall zurück ans Gericht. Die schwerste verhängte Strafe waren zwölf Jahre Haft. In Wien waren es zehn Monate, davon sieben bedingt.

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