Kultur

"Pique Dame": Glücksspiel ohne Sieger

Es fängt heftig an: Die lieben russischen Kinder freuen sich am Frühlingstag, hüpfen süß herum - und wollen dann gleich einmal den Besoffenen auf der Parkbank anzünden.
Nein, Idylle gibt es bei Peter Konwitschnys "Pique Dame"-Inszenierung in Graz, so ahnt man, keine. Doch zum Schlussapplaus mit seinem recht heftigen Wettstreit zwischen Buh- und Bravorufern weiß man dann: Diesmal ist es sich - nach dem Grazer Triumph mit "La Traviata" im Jänner - für Konwitschny nicht ausgegangen.
Der deutsche Starregisseur nimmt Tschaikowskys Oper um das Leben als nicht zu gewinnendes Glücksspiel zum Anlass, einiges recht Erwartbares zu Gier, Gesellschaft und Glück zu sagen. Aber zur zugleich bunt und karg gestalteten "Pique Dame" nur wenig.
Selbst die üblichen Fouls an der Gesellschaft der "Opernärsche" und jener "Scheißmusik", zu der Tschaikowsky bei der "Aufrichtigkeit der Schäferin" "gezwungen" worden sei, wirken seltsam lustlos: die Zitate klingen heftiger, als sie rüberkamen. Da geht zwar das Licht im Zuseherraum an, aber kein wirklich neues Licht auf. Ebenso wenig, als sich das Graffiti "Gibt es ein Leben nach dem Tod" zu "Gibt es ein Leben vor dem Tod" wandelt. Und auch nicht, wenn die "bessere Gesellschaft" mit Hasenohren am Kopf zur Party unter der Riesenkarotte hoppelt. Einhelliges Gelächter ist kein gutes Zeichen für Klamauk, der es bitter ernst meint.

Sänger

Musikalisch ist die Produktion ordentlich herausgeputzt: Weit mehr als passable Sängerleistungen überzeugen fast durchgehend, auch wenn sich August Amonov phasenweise mit der Partie des Hermann abmüht. Asmik Grigorian ist eine wendige, immer wieder ansatzlos aufblühende, darstellerisch stark präsente Lisa. Andrè Schuen glänzt in der kleinen Rolle des Fürst Jeletzki, Fran Lubahn als Gräfin bleibt ein wenig blass.
Auch wenn sie eine der Schlüsselszenen hat, bei denen Konwitschny dann doch noch sein Händchen beweist: Hermann versucht ihr das Geheimnis um die drei Spielkarten nicht mit Waffen-, sondern mit sexueller Gewalt zu entreißen. Ein inszenatorischer Kunstgriff, der das Spiel um Liebe und Schicksal um eine glaubhafte Facette bereichert. Ebenfalls schlüssig: Nazanin Ezazi spielt als Mascha eine Mischrolle zwischen Spielleiter und Todesverkünder.
Und das Orchester unter Dirigent Tecwyn Evans ließ keine Wünsche offen: Sängerfreundlich, dramatisch ohne Protzigkeit - sehr gut.

KURIER-Wertung: **** von *****