Der Tag, an dem Griechenland den Euro abschaffte
Von Peter Pisa
Griechenland hat den Euro abgeschafft. Das Fernsehen zeigt die Party auf dem Syntagma-Platz. Es regnet Drachmen, falsche Drachmen selbstverständlich. So dick haben’s die Griechen wirklich nicht.
Der aus vielen Kriminalromanen bekannt schrullige Kommissar Kostas Charitos sitzt daheim in Athen mit seiner großen Familie. Jemand sagt: „Der Wirt ist bestimmt froh, für einen Kaffee statt drei Euro tausend Drachmen zu bekommen.“ „Aber tausend Drachmen sind nicht mehr als zwei Euro wert“, sagt ein anderer.
Charitos beteiligt sich nicht am Gespräch. Er denkt: Stimmt schon, mit der alten Drachme haben wir schlimme Zeiten durchgemacht und überstanden.
Er denkt: ... aber jetzt steht uns der Umzug von einem Einfamilienhaus in eine Einzimmerwohnung bevor, und so ein Schritt fällt schwer.
Petros Markaris, Schriftsteller und Sprachrohr der Griechen, ist so unsicher wie sein Krimiheld. Der 76-Jährige weiß nur, dass es eine Explosion geben wird, wenn es so weiter geht:
Jeder schiebe dem anderen die Schuld am Desaster zu. Aber jeder trage einen Teil der Schuld – „nicht weil zehn Millionen Griechen korrupt sind. Sondern weil wir jahrzehntelang dieses politische System und diese Staatsführung toleriert haben.“
Enthauptungen
„Abrechnung“ heißt logischerweise Markaris’ neuer Roman. Er startet diese Woche mit 40.000 Exemplaren. „Abrechnung“ ist Buch drei und Abschluss der griechischen Krisen-Trilogie.
In „Faule Kredite“ (2011) werden Banker enthauptet, und man liest: „Wer in Griechenland ein normales Leben führen will, begnügt sich mit der Grundausbildung ... Studieren ist nicht nur verlorene Liebesmüh, sondern auch verlorene Zeit.“
In „Zahltag“ (2012) liegen vier ältere Frauen tot in ihrer gemeinsamen Wohnung. Selbstmord. Sie hatten nicht einmal mehr ihre Medikamente zahlen können. Und die Vermieterin schreit, ihr fehlen Mieteinnahmen – „soll ich mich auch umbringen?“
Junge lassen die Drachme hochleben, Alte warnen: „In Euro waren unsere Renten schon nicht viel wert, aber in Drachmen gar nichts mehr.“ Die Regierung verhängt sofort eine dreimonatige Gehaltssperre für Beamte – und drei honorige Männer werden ermordet.
Einst hatten sie gegen die Junta für „Brot, Bildung , Freiheit“ gekämpft. Fein. Aber Kosta Charitos schaut sich genau an, was aus ihnen danach geworden ist.
Wird das spannend? Um Spannung geht es Petros Markaris nicht wirklich. Die Zeit regt genügend auf.
KURIER-Wertung: **** von *****