Pensionist John Rebus kehrt zur Polizei zurück
Von Peter Pisa
Ein Mann steht an seinem Arbeitsplatz und schaut sich seine vielen langjährigen Kollegen an.
Es gibt so gut wie niemanden, "den er freiwillig auf einen Whisky und eine Unterhaltung zu sich nach Hause einladen würde. Dafür gibt es einige, denen er gerne mal in den Arsch getreten hätte."
So etwas liest sich gut.
Allerdings: Nicht einmal Ian Rankin mag mit diesem Kerl viel zu tun haben. ("Was soll ich mit so einem reden?" hat er in einem KURIER-Interview gefragt).
Der Schotte hat die Figur John Rebus immerhin erfunden: diesen Elefanten im Porzellankasten der Polizei von Edinburgh.
John Rebus pfeift sich um wenig. Ohne Job ist er nichts. Seine Welt ist einsam und schwarz-weiß, immerhin gibt es in ihr Alkohol und Zigaretten und die Rolling Stones.
Richtiger Winkel
Der Schriftsteller wurde durch ihn zum Multimillionär und hat ihn 2008 in Pension geschickt. Damals war der Zyniker Rebus 60 und fix und fertig.
Aber Rankins neuer Held Malcolm Fox erwies sich als derart überkorrekt (und langweilig), dass er sogar das Glas mit dem Tomatensaft auf dem Untersatz in einen "ordentlichen" Winkel gerückt hat.
Das kam bei den verwöhnten Lesern gar nicht an.
Deshalb war es unbedingt notwendig, John Rebus in den Polizeidienst zurückkehren zu lassen, in untergeordneter Stellung, und Malcolm Fox ist jetzt ein sehr guter Mitspieler geworden. Rebus und Fox müssen zusammenarbeiten und finden einander sogar sympathisch.
Roman Nummer 19 "Schlafende Hunde" ist der Beweis, dass es nicht aus sein darf mit dieser Krimiserie. Die Figuren kommen einem nahezu körperlich nahe. Viel ist los, beginnend mit einem Verkehrsunfall und einem seltsam verrenkt liegenden Stiefel.
Das schottische Unabhängigkeitsreferendum ist im Roman allgegenwärtig, der Justizminister wird umgebracht, ebenso ein Taxilenker, und ein 30 Jahre alter Polizeiskandal – der John Rebus in Gewissenskonflikte bringt – wird ausgegraben.
Nebenbei sei erwähnt, dass die Gerichtsreporterin der Zeitung Scotsman nicht nur eine Assistentin hat, sondern auch so viel Geld für ihre Arbeit bekommt, dass sie sich einen Alfa Romeo leisten kann.
Das ist in Österreich ein bisschen anders.
KURIER-Wertung:
INFO: Ian Rankin: „Schlafende Hunde“ Übersetzt von Conny Lösch. Manhattan Verlag. 464 Seiten. 20,60 Euro.