Paulo Coelho ist Mata Hari
Von Peter Pisa
In der Washington Post stand: Wenn stimmt, was Paulo Coelho geschrieben hat, dass nämlich das Universum jedem hilft, der Hilfe anfordert – wieso hat ihm das Universum denn nicht dabei geholfen, ein guter Schriftsteller zu werden?
Vielleicht hat er nicht darum gebeten.
Vielleicht GENÜGT es dem 69-jährigen Brasilianer ja, der meistübersetzte Autor der Welt zu sein. 210 Millionen Exemplare seiner Bücher – allen voran "Der Alchimist" – wurden verkauft.
Aus der Zelle
Mittwoch ist Coelhos neuester Wurf erschienen, "Die Spionin". Er lässt – etwas überraschend – die niederländische Nackttänzerin Mata Hari vor ihrer Hinrichtung in Frankreich (1917) in der Zelle Briefe schreiben.
Wenig überraschend ist, dass dem Roman ein "Gegrüßet seist du, Maria" vorangestellt ist.
Mata Hari gilt als berühmteste (und schönste) Spionin aller Zeiten. In jüngerer Zeit neigen Historiker zur Auffassung, ihr Spionieren im Ersten Weltkrieg für die Deutschen unter dem Decknamen H 21 habe bloß aus Übermittlung von Pariser Tratsch und Klatsch bestanden, um interessant zu bleiben.
Nächstes Jahr wird man es wahrscheinlich genauer wissen: 100 Jahre nach ihrem Tod durch Erschießen werden die französischen Prozessakten des Militärgerichts öffentlich gemacht.
Kein Vorname
Coelhos Porträt ist höchst oberflächlich geworden. Nie steigt er tiefer in die vielen offenen Fragen ein.
Mata Hari – so lässt Coelho seine Heldin ausführen – sei halt eine emanzipierte Frau in einer von Männern beherrschten Welt gewesen. Punkt.
Namen wie Picasso oder Freud werden fallen gelassen, das klingt nach mehr (Zitat: "Ich lernte jemanden kennen, er hieß Freud, den Vornamen habe ich vergessen"), aber es passiert sonst nichts mit ihnen.
Wichtiger scheinen Paulo Coelho wieder bekannte Weisheiten zu sein vom Format: "In einem Krieg ist die Menschenwürde das erste Opfer."
Oder, das stammt sozusagen aus dem Mund der Mata Hari: "Die Liebe ist wie ein Gift!"
Auf Seite 81 steht (wozu steht denn das eigentlich da? Nur zum Strecken?):
"Eine Möwe flog mit einem gellenden Schrei auf uns zu und drehte wieder ab."
Ähnlich ist es mit diesem Buch. Es kommt. Und es geht. Und es hat nicht viel zu sagen.
Paulo Coelho:
„Die Spionin“
Übersetzt von Maralde Meyer- Minnemann.
Diogenes Verlag.192 Seiten.20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ***