Kultur

Zwischen Vernunft und Wahnsinn

Es geht um innere Konflikte – die Zerrissenheit zwischen Vernunft und Wahnsinn, zwischen nüchtern und betrunken. Und auch um sexuelle Konflikte, wenn man neutral, schwul oder transsexuell ist."

Es sind keine leichten Themen, die sich Owen Pallett für sein neues Solo-Album "In Conflict" ausgesucht hat. Vielleicht besteht er im Interview mit dem KURIER deshalb darauf, dass die Songs nicht autobiografisch sind, sondern "meine Erfahrungen, die mit fiktiven Storys verschleiert sind."

Musikalisch verwischt der 34-Jährige, der schon mit drei Jahren Geige lernte, die Grenzen zwischen Klassik und Pop. Er mischt den Sound eines Orchesters mit den Loops seiner Violine und schwebende Synthesizer mit stolpernden, elektronischen Beats und zarten Piano-Klängen. Darüber liegt seine hohe klare Stimme, mit der er – wie er später zugibt – doch häufig auch von sich selbst erzählt.

Sehnsucht

So geht es in dem wuchtigen Song "Riverbed" um den Umgang mit Sehnsucht. "Nach meinem letzten Solo-Album war ich sehr deprimiert", erzählt Pallett. "Ich hatte Sehnsucht danach, etwas Bleibendes zu hinterlassen. Ich fragte mich, was meine Musik nach meinem Tod noch bedeuten wird. Und ich war sehr traurig darüber, dass ich als Homosexueller wohl nie Kinder haben werde."

Der Song, sagt er, sei sein Mantra, entspannter mit derlei Begierden umzugehen. Gleich in zwei Songs beschäftigt er sich mit seinen Beziehungen zu älteren Männern. Und im Titelsong antizipiert er eine Zeit als alter Mann, in der "ich anders als jetzt nicht mehr sexuell aktiv sein werde und sich die Liebe nicht mehr so vertraut anfühlen wird".

Aufgenommen hat Pallett "In Conflict" über einen Zeitraum von drei Jahren. Der Kanadier ist nämlich viel beschäftigt. Neben seiner Arbeit mit Arcade Fire ist er ein gefragter Session-Musiker.

Er hat auf Platten von Linkin Park, Duran Duran, Mika und den Pet Shop Boys mitgewirkt und für Robbie Williams die Streicherarrangements für dessen "Take The Crown"-Album geschrieben. Und für den Soundtrack zum Spike-Jonze-Film "Her" waren er und Arcade-Fire-Frontmann Win Butler 2013 für einen Grammy nominiert.

Chance

Sein Mitstreiter für das Solo-Album kommt aber aus einer ganz anderen Ecke. Brian Eno singt auf vielen der Songs von "In Conftlic" Backing-Vocals, spielt Synthesizer und für den Titelsong sogar die Gitarre.

"Das kam ganz aus heiterem Himmel. Eno hat ein Festival kuratiert, zu dem er mich eingeladen hat. Dann habe ich ein Benefiz-Konzert für ihn gespielt. Da habe ich die Chance ergriffen, ihn zu fragen, ob er mit mir arbeiten will. Und er hat sofort ja gesagt. Offenbar war er schon länger ein Fan von mir."