ORF: Wrabetz droht mit Kündigungen
St. Marx bleibt als künftige ORF-Standort-Option weiter im Rennen. Über einen vor allem von Mitgliedern des ÖVP-"Freundeskreises" initiierten Antrag, wonach die ORF-Geschäftsführung einen Neubau in Wien-Landstraße bei künftigen Standort-Berechnungen außer Acht lassen solle, wurde im Finanzausschuss des ORF-Stiftungsrats am Montag zwar heftig diskutiert, zur Abstimmung kam er aber nicht. Vielmehr dürfte der ORF-Stiftungsrat ORF-Generaldirektor
Alexander Wrabetz noch einmal einen Aufschub in Sachen Standort-Entscheidung gewähren.
Wie von Wrabetz vorgeschlagen, soll es über den Sommer zu einer Abkühlungsphase kommen. Geht es nach den Mitgliedern des SPÖ-"Freundeskreises" im Stiftungsrat soll am Donnerstag im Plenum eine Empfehlung verabschiedet werden, wonach Wrabetz in der Sitzung am 13. September einen definitiven "entscheidungsreifen Vorschlag" zum Thema Standort präsentieren soll.
Nicht abgestimmt wurde auch über den Antrag der Geschäftsführung zur notwendigen Standortsicherung des ORF-Zentrums am Küniglberg. Auch wenn die Mitglieder des Finanzausschusses dem Vernehmen nach diese Maßnahme übereinstimmend mittragen, kam es zu keiner Empfehlung an das Plenum, da der Antrag bis Donnerstag noch präzisiert werden soll, wie es hieß.
Drohbrief
Heißes Thema der Sitzung war außerdem Plan B der Geschäftsführung in Sachen Einsparungen, der Ausgliederungen, ein Aussetzen der Lohnrunde und Personalabbau bis hin zu
Kündigungen vorsieht. Der Zentralbetriebsrat sprach am Rande der Sitzung von einem "Drohbrief".
ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hatte vor der Sitzung des Finanzausschusses zu einer Sitzung der erweiterten Geschäftsführung geladen, um über Sparmaßnahmen zu beraten, sollte der Zentralbetriebsrat sich weiter weigern, über Einsparungen im ORF-Kollektivvertrag zu verhandeln. Drei Minuten vor der Sitzung des Finanzausschusses hat Wrabetz den Betriebsrat über die Szenarien informiert, so Zentralbetriebsratsobmann
Gerhard Moser.
"War Plan A so etwas wie ein Diktat, ist Plan B nichts anderes als ein Drohbrief", so Moser empört. Demnach hat die Geschäftsführung erstmals betriebsbedingte Kündigungen in Aussicht gestellt, eine Nulllohnrunde, Auslagerungen sowie den Abbau von Leiharbeitskräften und freien Mitarbeitern. Wrabetz und der Kaufmännische Direktor Richard Grasl wollten sich vor Sitzungsbeginn auf APA-Anfrage dazu nicht äußern, sondern dies zunächst vor dem Finanzausschuss diskutieren. Diese Diskussion dürfte dem Vernehmen nach heftig ausgefallen sein. Während die Belegschaftsvertreter naturgemäß empört waren, sollen einzelne Stiftungsräte den Betriebsrat aufgefordert haben, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Notwendig sind die Sparüberlegungen, nachdem dem
ORF in der Bilanz 2012 etwa 15 Millionen Euro Einsparungen im Personalbereich fehlen. Diese muss der Sender laut Gesetz erbringen, um im Gegenzug die jährliche Gebührenrefundierung zu erhalten. Dem ORF stehen dieses Jahr grundsätzlich 30 Millionen Euro an Gebührenrefundierung zu. Kommt es aber zu keinen Einschnitten und dadurch zum Verlust der Refundierung, droht dem ORF dadurch in der Bilanz 2012 eine Lücke von 45 Millionen.
9,1 Millionen Euro Gewinn
Auf der Tagesordnung stand außerdem der endgültige Jahresabschluss 2011. Hier konnten ORF-Generaldirektor Wrabetz und Finanzdirektor Grasl 9,1 Millionen Euro Gewinn (EGT) vermelden. Die ORF-Mutter war im Vorjahr laut Jahresbilanz in den schwarzen Zahlen und bilanzierte mit 3,8 Millionen Euro im Plus. In der vorläufigen Bilanz war das EGT noch mit 11,4 Millionen Euro und die Bilanz der ORF-Mutter mit 6,4 Millionen Euro plus angegeben. Die Verschiebungen erklären sich durch Rückstellungen für sogenannte Korridorpensionen.
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