Österreich als Nabel der Zeitungswelt
Von Anna Gasteiger
Österreich ist in diesen Tagen der Nabel der Zeitungswelt: Drei Großveranstaltungen - die Messe IFRA Expo, der World Newspaper Congress und das Editor's Forum - ziehen tausende Besucher nach Wien. Lokaler Gastgeber ist der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ). VÖZ-Präsident und Wirtschaftsblatt -Vorstand Hans Gasser über Fragen, die die österreichische Zeitungslandschaft derzeit beschäftigen.
KURIER: Zuletzt wurde heftig über die Vergabe von Regierungsinseraten diskutiert. Ihre Zwischenbilanz?
Hans Gasser: Die aktuelle Berichterstattung zu diesem Thema unterstreicht dramatisch die Notwendigkeit, die Vergabe von Medienkooperationen transparent zu machen. Für mindestens ebenso wichtig halte ich, sie zu professionalisieren, weil kommerzielle Kommunikation für öffentliche Anliegen an sich unstrittig ist. Aber die Vergabe muss objektiven Kriterien entsprechen. Die heutige Praxis ist intransparent, sie ist marktverzerrend und sie ignoriert jedwede Qualitäts- und Zielgruppendimensionen. Und das muss sich ändern, denn es ist sicher nicht so, dass in diesem Land nur Boulevard- und Gratiszeitungen relevant sind für politische Kommunikation. Ein großes Problem besteht auch darin, dass im öffentlichen Bereich die Vergabe von Anzeigenaufträgen oft mit einer gewissen Erwartungshaltung verknüpft wird. Und das ist definitiv inakzeptabel.
Wie könnten die Vergabekriterien konkret aussehen?
Ich bin für jeden guten Vorschlag, der die Vergabekriterien objektiviert und professionalisiert. Denn der Public Watchdog darf nicht zum Schoßhund gemacht werden. Wenn sich ein Medium verführen lässt, gefährdet es seine Rolle als
Kontrollinstanz in der Demokratie. Manche Verlegerinnen und Verleger müssen sich bewusst machen, dass sie nicht nur Geschäftemacher auf buntem Papier sind, sondern dass sie einer demokratiepolitischen Rolle gerecht werden müssen.
Kommt das Transparenzgesetz, reicht es aus?
Ich denke es wird kommen, und es ist ein Quantensprung gegenüber der heutigen Praxis. Es wird aber nicht alle Detailfragen lösen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament wird der Verlegerverband zu einer Enquete laden und dort internationale Beispiele für professionelles Public Advertising zeigen.
Warum macht sich ausgerechnet der Verlegerverband so stark für Transparenz?
Wenn wir als Verleger Anspruch auf eine demokratiepolitische Rolle erheben, dann müssen wir auch selbst entsprechende Transparenz leben. Und auch echte Unabhängigkeit praktizieren. Die Verleger im Verband Österreichischer Zeitungen beanspruchen diese Rolle der Vierten Gewalt.
Braucht es zum Beispiel eine bessere Journalistenausbildung, um das Gespür für diese Dinge zu verbessern?
Der Qualitätsanspruch in unserer redaktionellen Arbeit wird eine der großen Herausforderungen sein, die wir in der Zukunft bewältigen müssen. Denn noch nie in der Geschichte war so viel redaktioneller Inhalt gratis verfügbar - gedruckt und digital. Weil wir aber Geld von unseren Lesern verlangen, müssen wir nachhaltig das Gefühl bei unseren Abonnenten und Käufern absichern, dass unsere Zeitungen und Magazine diesen Preis auch wert sind. Und dieses Wertgefühl kann nur durch Unabhängigkeit, Objektivität und qualitativen Journalismus erfüllt werden. Deshalb müssen wir uns mit diesem Anspruch sehr ernsthaft auseinandersetzen. Und da gehört die Aus- und Weiterbildung von Journalisten dazu, selbstverständlich.
Gratiszeitungen haben bei der letzten Media-Analyse gut abgeschnitten, einige Kaufzeitungen verloren.
Die Media-Analyse ist ein eigenes Kapitel. Ich glaube, dass diese empirische Untersuchung ihre beste Zeit hinter sich hat. Die aktuelle Erhebungsmethode ist nicht mehr geeignet, um die heute sehr komplexen Situationen des Medienkonsums auch nur annähernd abzubilden.
10.000 Teilnehmer aus 90 Ländern kommen zum World Newspaper Congress nach Wien. Bundespräsident Fischer und Kanzler Faymann haben ihre Teilnahme abgesagt. Was sagen Sie dazu?
Ich bedauere das, freue mich aber sehr, dass die erste Frau der Republik, die Präsidentin des Nationalrats Barbara Prammer, den Kongress am Donnerstag eröffnen wird.