Kultur

Nick Mason verrät: Hunderte Millionen für Pink-Floyd-Reunion

Als Pink-Floyd-Drummer Nick Mason im Mai sein erstes Konzert mit seiner neuen Band Saucerful Of Secrets spielte, bekam er von Floyd-Gitarrist David Gilmour eine SMS: „Hals- und Beinbruch – vorzugsweise von Roger Waters.“ Das sagt viel über das angespannte Verhältnis zwischen dem Gitarristen und Bassisten von Masons Hauptband. Eine Pink-Floyd-Reunion scheint damit unmöglich.

Nicht zuletzt deshalb hat Mason Saucerful of Secrets gegründet; er kommt mit dieser Formation am 19. September in die Wiener Stadthalle. Im KURIER-Interview erzählt der 74-Jährige, was die Zuschauer dabei erwarten können, welche Fehler Pink Floyd in ihrer wechselvollen Karriere gemacht haben, und wie hoch das letzte Reunion-Angebot war.

KURIER: Mit der Band Saucerful Of Secrets werden Sie ein Programm spielen, das sich ganz auf das Frühwerk von Pink Floyd konzentriert. Wie kam es dazu?

Das war gar nicht meine Idee. Der Initiator war Lee Harris, der Gitarrist der Blockheads. Ich kannte ihn nicht, aber er ging mit der Idee zu unserem Bassisten Guy Pratt, mit dem ich seit 30 Jahren bei Pink Floyd zusammengearbeitet habe. Ein schlauer Schachzug. Denn deshalb dachte ich, wenn Guy das machen will, kann es funktionieren. Ansonsten hätte ich vermutlich gesagt: „Lieber nicht!“ Dann kamen noch Gary Kemp von Spandau Ballet und Dom Beken dazu. Und alle hatten so einen enormen Enthusiasmus dafür, das frühe Pink-Floyd-Material zu spielen.

All die Songs von den Alben „A Sacuerful Of Secrets“ und „The Piper At The Gates Of Dawn“...

Nicht nur. Wir spielen auch Songs von den Singles, die wir davor veröffentlicht haben, Material aus den Soundtracks zu den beiden Filmen von Barbet Schroeder, die wir vertont haben, und sogar ein paar vom Album „Atom Heart Mother“. Dutzende Tribute-Bands und natürlich auch David und Roger sind auf Tour und spielen das Floyd-Material, das nach „The Dark Side Of The Moon“ entstanden ist. Unser Idee ist, Songs zu spielen, die nicht alle schon eine Million Mal gehört haben, und zur Geisteshaltung dieser Zeit zurückzukehren.

Wie beschreiben Sie die?

Damals ging es uns nur um den Enthusiasmus, nicht um musikalische und technische Expertise. Wir kamen vom College – in meinem und Rogers Fall vom Architekturstudium – direkt zum Musikmachen. Deshalb hatten diese ersten Alben einen gewissen Amateurismus, der mit großer Spontaneität und viel Improvisation verbunden war. Das haben wir dann über die nächsten 30 bis 40 Jahre verloren. Deshalb werden wir bei der Show von Saucerful Of Secrets auch nicht sklavisch jeden Ton der Platten nachspielen, sondern viel improvisieren.

Auch wenn die Show nicht so konzipiert ist, ist sie somit auch eine Hommage an Gründungsmitglied und Gitarrist Syd Barrett, der diese Songs schrieb, aber 1968 aufgrund psychischer Probleme aussteigen musste. Sie sagten, dass Sie damals sehr schlecht mit Syds Situation umgegangen sind. Wie hätten Sie es besser machen können?

Wir haben damals einfach nicht verstanden, was das Problem war. Syd sagte, dass er nicht mehr in einer Rockband sein will, was uns damals verrückt erschien. Jetzt freilich kann ich sehen, dass das kein Leben für jeden ist. Aber er war sechs oder neun Monate in einer Rockband gewesen und dachte wirklich: „Das will ich nicht mit meinem Leben machen!“ Wir waren da sehr verständnis- und mitleidslos. Ich glaube aber nicht, dass das etwas am Ausgang der Situation geändert hätte. Wir haben sie vielleicht verlängert und er hätte sich vielleicht früher zurückziehen können. Aber ich glaube nicht, dass wir ihm hätten helfen können. Den Nervenzusammenbruch hätte er so oder so gehabt.

Haben Sie ihn danach wiedergesehen?

Die anderen haben ihn alle früher wiedergesehen. Sie waren in einige seiner Solo-Alben involviert. Ich habe ihn erst 1974 oder 1975 wieder gesehen, als er überraschend ins Studio kam, als wir „Wish You Were Here“ aufnahmen. Da war er aber schon schwer bedient. Er hatte stark zugenommen, eine Glatze und stand auf einmal mit einem Plastik-Sackerl in der Hand da. Wir haben ihn kaum erkannt.

 

Sie sind das einzige Mitglied von Pink Floyd, das in allen Phasen dabei war, auf allen Platten und Tourneen mitgespielt hat. Und Sie sind sowohl mit Roger als auch David befreundet. Fühlten Sie sich manchmal gefangen in dem Konflikt der beiden, der sich im Prinzip um Führungsansprüche dreht?

 

Nein, das habe ich nie. Denn in den Jahren, in denen wir zusammen gearbeitet haben, hat es ja im Allgemeinen ganz gut funktioniert. Der Krieg ist dazwischen ausgebrochen. Und für mich ist nicht das das Traurigste an unserer Karriere. Für mich war die schwierigste Zeit, als unser Keyboarder Rick Wright ausgestiegen ist. Das hätten wir so nicht passieren lassen dürfen. Da hätten wir einen Weg finden müssen, um weiterzumachen.

Sie gelten als der Hauptarchivar von Pink Floyd ...

Ha ha ha ... Aber ja, das kann man so sagen. Ich habe definitiv mehr altes Material gesammelt als die anderen. Und vor zehn Jahren habe ich begonnen, speziell Videos und Fotos zu ordnen und richtig zu archivieren. Aber das ist mit ein Grund für diese Tour mit Saucerful Of Secrets. Ich habe dadurch sehr viel Arbeit in die Ausstellung „Pink Floyd: Their Mortal Remains“ gesteckt, die 2017 im Victoria & Albert Museum in London zu sehen war. Das hat schon viel Spaß gemacht. Aber danach habe ich mich selbst wie eine Art Museums-Stück gefühlt und dachte, es ist wichtig, mich wieder daran zu erinnern, was ich an der Musik so liebe. Und das ist, sie zu spielen.

Was ich eigentlich fragen wollte: Wird es noch weitere Pink-Floyd-Veröffentlichungen geben?

Ich glaube nicht. Wir haben alles, was wir je gemacht haben, veröffentlicht und sind damit durch. Ich denke, wir werden noch „Animals Remasterd“ rausbringen. Aber da werden keine neuen Songs mehr drauf sein.

Im Internet kursieren Gerüchte über Unsummen, die Tourneeveranstalter für eine Pink-Floyd-Reunion mit David und Roger bieten. Wie hoch war das jüngste Angebot?

Ach, das weiß ich gar nicht so genau. Ein paar Hundert Millionen Pfund waren das sicher. Und glauben Sie mir, ich würde dieser Versuchung mit Freuden nachgeben. Aber ich weiß, dass Roger keinerlei Interesse daran hat, Pink Floyd zu reformieren. Und ich glaube nicht, das David Interesse daran hat, mit Roger zusammenzuarbeiten. Ich würde sofort unterschreiben. Traurigerweise fehlen dann die Gitarre, die Stimme und der Bass!

Wie geht es mit der Band Saucerful Of Secrets weiter? Werden Sie eventuell auch zusammen ins Studio gehen?

Ich glaube nicht, dass wir gemeinsam aufnehmen werden. Aber mehr Auftritte würden wir gerne machen. Wir genießen es, zusammen zu spielen. Wenn die Europa-Tour gut läuft, werden wir sicher weiter machen. Speziell in die USA würden wir diese Show gerne noch bringen.