Kultur

Nick Cave ist live immer noch magisch

Jeden Wochentag sitzt Nick Cave von 9.00 bis 17.00 Uhr in seinem Heimbüro in Hove bei Brighton am Klavier oder am Computer und schreibt: Filmmusik, Bücher, Drehbücher, Songs. „Die Idee, dass man auf einem Seidenpolster sitzt und einem die Ideen aus dem Universum zufliegen ist weit verbreitet“, erklärte er vor einigen Jahren im KURIER-Interview. „Aber wenn du wirklich kreativ sein willst, musst du dich hinsetzen und arbeiten. Am kreativen Prozess ist nichts Spirituelles oder Magisches dran.“

Schon im Februar, als Cave das Album „Push The Sky Away“ veröffentlichte, war es erstaunlich, wie er mit einem so technischen Ansatz immer wieder (und auch nach 40 Karriere-Jahren noch) die pure Magie in seine Musik packen kann. Und Sonntagabend, als der 56-Jährige im seit Wochen ausverkauften Gasometer in Wien auftrat, war es faszinierend.

Eindrücke: Nick Cave in Aktion

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Denn Cave zeigt bei seinen Auftritten schon beim ersten Ton eine Dringlichkeit, die die Gänsehaut kribbeln lässt. Dabei starten er und seine Band The Bad Seeds auf dieser Tour sanft: Zu ein paar Basstönen und der Flöte von Multiinstrumentalist Warren Ellis singt Cave „We No Who U R“: Tief in der Stimme, beschwörend und sofort einnehmend.

Subversiv

Auch „Jubilee Street“ punktet anfangs mit der Reduktion auf genau die paar Töne, die Caves pointierter Poesie subversive, schneidende Atmosphäre geben, steigert sich aber bald zu einer wuchtigen Flut aus kratzender Geige und kreischenden Gitarren.

Fortan wechselt der gebürtige Australier zwischen infernalischem Gebrüll, dramatischem Wispern und dämonischem Erzählen, zwischen rasenden Wutausbrüchen („From Her To Eternity“) und zärtlichen Liebesbekundungen („Into My Arms“). Und alles so authentisch und akut, so blutend, zornig und rasend – so greifbar im Hier und Jetzt.

Dazu liefern die großartigen Bad Seeds mit dem herrlich exzessiv agierenden Ellis variantenreich und zielsicher zu jedem Gefühl die idealen Töne. Cave hat schnell die anfängliche Zurückhaltung abgelegt, springt und tänzelt, rennt rum wie besessen, rutscht auf den Knien und hängt den Oberkörper in die ersten Reihen, so dass die Fans ihn stützen müssen, damit er nicht vornüber kippt.

Stagger Lee“ tobt gegen Ende durch den Gasometer wie ein Gruß aus der Hölle, und „Push The Sky Away“ ist genauso andächtig wie bedrohlich. Und nach zwei Stunden ist jedem klar: Intensiver geht es nicht.

KURIER-Wertung:

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