Neugierig auf die schönste Form der Psychose
Von Peter Pisa
Es ist ganz falsch, jemandem, den man umbringen will, ein paar Kugeln in den Kopf zu schießen und ihn dann im Meer zu versenken.
Denn nehmen wir an: Die Leiche wird schon nach zwei, drei Wochen gefunden. Kann ja sein, dass sie zufälligerweise unten bei einem Kabel liegt, an dem ausgerechnet jetzt Arbeiten durchgeführt werden.
Wasserleichen werden von den Fischerln immer von unten nach oben angeknabbert. Ein Loch in der Brust wäre nicht mehr aufgefallen, weil – genau wie die Brust – nicht mehr vorhanden.
Aber der Kopf bleibt bis zuletzt. Pech für den Mörder bzw. die Mörderin, die bestimmt einen guten Grund für ihre Tat hatte – wie Elisabetta Zorzi, die in Wien ein Ristorante führt. Elisabetta sind ihre unperfekten Männer auf die Nerven gegangen.
Drei Männer.
Drei Morde.
Jetzt sitzt sie, und der Kriminalpsychologe, der sie ins Gefängnis gebracht hat, der verliebt sich in sie.
Gestört
"Die Prinzessin von Arborio" ist kein Krimi. Der Roman ist: Bettina Balàka.
Bei ihr kann es nichts Seichtes geben. Alles wird durch sie interessant, alles wird zur anschaulichen Psychologie. Das hat die gebürtige Salzburgerin zuletzt mit der Hundegeschichte "Unter Menschen" bewiesen.
Zum KURIER sagt sie: "Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, deshalb suche ich immer neue Themen. Bei der ,Prinzessin von Arborio‘ ist es eben die Kriminalpsychologie, Hybristophilie und das Verliebtsein als ,schönste Form der Psychose‘."
Hybristophilie? Eine Störung, wenn man sich von Schwerverbrechern sexuell angezogen fühlt.
Und dem Sein und dem Schein spürt Bettina Balàka nach: "Menschen, die einen gähnenden Hund sehen, sind sich ganz sicher, dass er sich langweilt – während das in Wahrheit ein Stresssymptom ist. Und würden wir jemals annehmen, dass die nette, hübsche Wirtin von nebenan eine Serienörderin ist?"
Dieser spannende Gedanke stellt sich, privat gesprochen, nicht ein: Die Wirtin nebenan ist 89.
Bettina Balàka:
„Die Prinzessin von Arborio“
Haymon Verlag.
264 Seiten.
19,90 Euro.