Kultur

Muthspiel "pudelnackert" bei Jazzfest Wien

Sich sozusagen "pudelnackert" hinzustellen, ist ein großes Wagnis. "Aber ich habe bereits seit Langem den Traum vom Singen. Nur dachte ich immer, ich singe nicht gut genug", sagt Wolfgang Muthspiel im KURIER-Gespräch.

Der Gitarrist, 2003 zum europäischen Jazzmusiker des Jahres gekürt und vom Musicians Magazine  unter die "Top Ten Jazzguitarists Of The World" gereiht,  "wollte sich nicht länger auf das verlassen", was er "sowieso schon kann". Also geht er radikal neue Wege,  ist auf seiner neuen CD "Vienna Naked" (Material/Lotus Records) erstmals als Sänger mit eigenen Songs zu hören. Der Gitarrist, der auch Geige spielt, hat schon mit verschiedensten Künstlern an unterschiedlichen Projekten gearbeitet: Gary Burton hat ihm gleich nach seinem Abschluss des renommierten Berklee College of Music den Part von Pat Metheny in seinem Quintett angeboten.

In New York arbeitete er mit Rebekka Bakken, Youssou N’Dour, Gary Peacock und seinem Lehrer Mike Goodrick zusammen. Er komponierte für das Zürcher Ensemble für Neue Musik und das Klangforum Wien, Muthspiels bis heute gültige Heroen sind Keith Jarrett (am 8. 7. live im Konzerthaus), Jan Garbarek, Dave Holland, Jack de Johnette und Pat Metheny  (am 29. 6. live im Konzerthaus): "Der Haupteinfluss war eindeutig Metheny. Sein Timing, im Solo schlüssig zu sein und dauernd Melodien zu erfinden."

Zuletzt hat der 47-Jährige eineinhalb Jahre lang seine Stimme von der Wiener Opernsängerin Olga Varla intensiv schulen lassen und als Songpoet eine neue Karriere gestartet. Seine Lieder haben schon Rebekka Bakken oder Dhafer Youssef gesungen. Jetzt ist alles auf Muthspiels Stimme, die entfernt an Sting erinnert, zugeschnitten: "Das Suchen und Finden eines Songs ist "das Schönste überhaupt."

Vokal-Debüt  "Als ich begann, für meine eigene Stimme zu komponieren, war das sehr  inspirierend. Ab dem Moment, als ich entschieden hatte, selbst zu singen, entstanden viele Songs in relativ kurzer Zeit."

Die Erfahrung, als Vokalist im Mittelpunkt zu stehen, gab der CD "Vienna Naked" auch  ihren Titel: "Beim Singen fühlt man sich nackt. Ich meine damit aber auch die Direktheit der Texte und die transparente, pure Klanglichkeit der Aufnahme." Joni Mitchell, die Beatles, Bob Dylan, The Police, Leonard Cohen oder Prince nennt Muthspiel als Einflüsse.  

"Die manifestieren sich aber erst im Nachhinein. Alles, was man als Musiker liebevoll und aufmerksam hört, geht in die DNA des Vokabulars. Das sind Wege, denen ich gar nicht bewusst nachspüre."

Bei den insgesamt 14 Songs, in einen melodiösen und überwiegend entspannten Popfolkballaden-Mix mit mitunter rockigen Einsprengseln ("Empty House", "Change") gepackt, hat sich der Geschichtenerzähler selber auf der Gitarre begleitet, um "Stimme und Text in den Vordergrund zu stellen". Und die Ballade "Vienna", die er sein "dunkles Statement zu Wien" nennt, ist eine charmante Liebeserklärung an die Stadt, in der er seit zehn Jahren lebt.

INFO: "Vienna Naked" am 30. 6. (21 Uhr), WUK, 9., Währinger Str. 59; live im Trio mit Alegre Corrêa (Gitarre, Perkussion, Gesang), Alune Wade (Bass, Gesang) www.materialrecords.com

Programm

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Jazz, Blues, Soul, Pop und Worldmusic bietet das 22. Jazzfest Wien.  Headliner sind zwei legendäre Jazzpianisten: Herbie Hancock mit akustischem Quartett (5. 7., Staatsoper). Für Keith Jarrett mit Jack DeJohnette und Gary Peacock (8. 7., Konzerthaus) – erstmals seit acht Jahren wieder in Wien, und "wahrscheinlich zum letzten Mal", so der Veranstalter – gibt es noch Karten;  nur noch Restkarten für den Vokalentertainer Bobby McFerrin (2. 7.), Joe Bonamassa (3. 7.) und Melody Gardot & Gregory Porter (4. 7.) in der Oper.

Im Haus am Ring  gastiert noch Rufus Wainwright (6. 7.), der mit seinem 7. Studioalbum "Out Of The Game" zum melodischen Pop zurückgekehrt ist. Der Eintritt ist frei bei der Norwegerin Silje Nergaard (8. 7.) mit ihrem Mix aus Jazz, Pop und Songwriting und der brasilianischen Singer-Songwriterin Celia Mara (9. 7.) am Rathausplatz.

 

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Beim Fernwärme Open Air in der Spittelau um 2 €: Till Brönner & Band, die Jazzkantine und Count Basic feat. Kelli Sae (30. 6. ab 16 Uhr). Im Porgy & Bess sind nur noch Stehplätze zu haben für Harri Stojka (25. 6.), Georg Breinschmid & Thomas Gansch und ihren Abend mit Gesang, Bass und Trompete zwischen Dadaismus, Jazz und Wienerlied (26. 6.) sowie Mike Stern, dem Richard Bona Quartet und Dave Weckl (3. 7.).

Weitere Gustostückerl im Porgy & Bess:  die Kanadierin Térez Montcalm (2.7.), das Quintett Travel Image mit einem "Tribute to Joe Zawinul" (6. 7.), der heuer seinen 80. Geburtstag gefeiert hätte. Und der Jungstar an der Trompete Ambrose Akinmusire (9. 7.) –  erstmals in  Österreich. Im Rathaus-Arkadenhof spielen u. a. der Blues-Gitarrist John Scofield & Hollowbody Band und Marc Ribot & Los Cubanos Postizos (7. 7.)  sowie, als Jazz-Fest-Wien-Debütantin, die Soulsängerin Sharon Jones & The Dap Kings (9. 7.)

INFO & KARTEN:  Tel. 01/408 60 30 oder Tel. 01/58885

 www.viennajazz.org