Träumen für Fortgeschrittene
Ein Kreis, ein Dreieck und ein Viereck streiten und versöhnen sich wieder. Ein weißes Tuch schneidet Grimassen. Bunte Röhren schauen sich um. Schauen uns an ...
Simple Materialien und Gegenstände, die man zu kennen glaubt, nehmen unerwartete Formen an und werden zu ungewöhnlichen Kreaturen. Sie erzählen Geschichten, machen sich selbstständig, verlassen die Realität und schaffen sich eine neue.
Und aus der Stille kommt die Kraft. Denn Mummenschanz ist Poesie ohne Worte. Aber gerade deshalb wird diese stille, minimalistische und ihrem Wesen nach archaische Theaterkunst überall auf der Welt verstanden.
Magisch
Die „Rolling Stones des Masken- und Bewegungstheaters“ waren schon in den 1970ern ein Publikumsmagnet am Broadway und mehrmals auf Welttournee.
Vom 3. bis 7. Dezember gastieren sie im Wiener Museumsquartier. Mit einem „Best of“-Programm aus 40 Jahren Welterfolgsgeschichte, etwa den Sketches mit den Toilettenpapier-Gesichtern oder den Knetmasken.
Bei „The White Sheet“ wird auf magische Weise ein weißes Blatt lebendig. Die Akteure zelebrieren den Minimalismus, die Liebe zum Spiel mit dem möglichst Einfachen.
Fotos der Show
Archaisch
Mit einer ganz eigenen Bühnensprache – nonverbal, ohne Musik, rein visuell , nur mit subtilem Spiel vor schwarzem Hintergrund – hatte sich das Ensemble in den 1970er-Jahren gegen das etablierte Bild der klassischen Pantomime eines Marcel Marceau oder Ladislav Fialka gestemmt. Die vier Akteure der Schweizer Company lassen Objekte durch puren Theaterzauber lebendig werden.
Emotional
Es gibt nichts Vergleichbares. „Bei uns gibt es noch Fantasie und echte Emotion“, sagt die Mummenschanz-Mitbegründerin Floriana Frassetto im KURIER-Gespräch nach einer Vorstellung in Barcelona.
Die 62-Jährige nimmt die physischen Anstrengungen im Catsuit auf der Bühne immer noch auf sich: „Seit dreißig Jahren tut mir alles weh. Also ist das auch schon egal.“
Der Name Mummenschanz kommt von vermummen, verhüllen, verkleiden und vom Französischen „Chance“, bezeichnend für das Spiel um Glück. „Mit dem Glück, sich maskieren zu dürfen, haben wir uns sofort identifizieren können“, sagt Frassetto, die schon die Mummenschanz-Szenen in André Hellers „Body and Soul“ inszeniert hat.
„Ich glaube, wir stehen in der heutigen Welt, die eher von kalter Kommunikation geprägt ist, für eine einfache, poetisch emotionale Kunstsprache, die alle verstehen können.“ Dafür müsse man nicht intellektuell sein, sondern nur ein bisschen „die Türe des Herzens offen lassen“ und den Spieltrieb, die Kindlichkeit zulassen, die jeder in sich trägt. Dann sei man für ein paar Stunden in einer anderen Welt.
Die Mummenschanzler verändern das Leben der Zuschauer nicht. Aber sie regen die Fantasie an, wecken Verspieltheit, Poesie und Hoffnung. „Wir zeigen eine Show, die für 6- bis 106-Jährige geeignet ist“, so Frassetto. „Das sind vier Generationen, die zusammensitzen und alle in ihrer Art mitfühlen, mitspielen und mitfantasieren können.“
Virtuosen der Stille
Show: Mummenschanz erzählen mit Gesichts- und Körpermasken, mit aufblasbaren Figuren und mario- nettenartigen Gestalten Ge- schichten. Mummenschanz ist nonverbales Theater, das weder Sprach- noch Kulturgrenzen kennt: Poetisch in Mimik und Gestik, zugleich geheimnisvoll, überraschend und berührend.
Wann & Wo Das legendäre Ensemble ist mit den größten Erfolgen: 3. bis 7. 12. im MuseumsQuartier, Halle E