Kultur

Molières "Geiziger" auf dem Al-Bundy-Sofa

Wunderbar war’s, wie sie sich alle gemeinsam den alten Louis-de-Funès-Film angeschaut haben. Der quirlige Franzose spielte im Jahr 1980 fürs Kino Molières "Geizigen".

"Unsere Arbeit", erklärt Max Mayer, "wird mehr mit Funès’ Spielstil zu tun haben als mit Molières Text." Der stammt am Schauspielhaus Wien nämlich von PeterLicht. Der Musiker und Autor hat dem der Gegenwartsdramatik verpflichteten Theater eine Neudichtung, eine geistreiche, amüsante Überschreibung des Originals vorgelegt. Titel: "Der Geizige – Ein Familiengemälde nach Molière". Premiere: am Donnerstag. Die Hauptrolle, Harpagon, übernahm Johannes Zeiler, der zuletzt in Alexander Sokurovs in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichneten Film als "Faust" brillierte. Für Max Mayer, den amtierenden Nestroypreisträger in der Kategorie Bester Schauspieler, wurden zwei Charaktere zu einer Rolle zusammengefügt: Valère, der Liebhaber von Harpagons Tochter, und La Flèche, der Diener von Harpagons Sohn. Wie es zur Symbiose kam?

Politisch unkorrekt

"Die Dreistigkeit, mit der sich beide Figuren in diesem Haushalt eingenistet haben, ließ sich gut zu einer verbinden", sagt Mayer. Diese eine, nun Valère genannt, ist ein Parasit. Der gezielt seine Strategien verfolgt. Etwa dem Sohn des Hauses politisch höchst unkorrekte Ideen in den Kopf setzt, um an Papas Geld zu kommen: "Er soll sich als afrikanisches Patenkind ausgeben." Mayer ist gespannt, wie das aufs Publikum wirken wird: "Ob man es als Farce akzeptiert und über diese Unkorrektheit als völlig gaga lachen wird – wir werden ja sehen."

Für seine demonstrativ dekadente Gesellschaft, die nur noch am Konsumieren und dabei Müll produzieren ist, hat sich PeterLicht einen besonderen Ort einfallen lassen. "Eine Wohnzimmerlandschaft mit einem Sofa wie bei Al Bundy. Ein Raum, in dem immer alle anwesend sind, wie das bei Fernseh-Sitcoms eben üblich ist. Eine letzte Insel. So, wie PeterLicht das beschreibt, hat das etwas Apokalyptisches", meint Mayer. Apropos "immer alle anwesend": Wie funktioniert das eigentlich am Schauspielhaus, wo ein achtköpfiges Ensemble allein diese Saison das unglaubliche Arbeitspensum von mehr als einem Dutzend Premieren zu bewältigen hat?

Kein Lagerkoller

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"Durch den Geist, der bei uns vorherrscht", streut Mayer den Kollegen und dem Hausherrn Andreas Beck Rosen. "Woanders hätten längst alle den Lagerkoller. Hier werden wir von Jahr zu Jahr neugieriger aufeinander." Geschichte hat Mayer ursprünglich studiert. Familiär vorbelastet, wie er lacht. Vater Horst Friedrich Mayer, ORF-Chefredakteur und Doktor der Geschichte, war am Küniglberg berühmt-berüchtigt, Redaktionsitzungen durch Ausführungen über die k.u.k. Kriegsmarine zu sprengen. Als der Sohn beschloss, Schauspieler zu werden, "kann man nicht behaupten, dass die Idee auf wahnsinnige Begeisterung stieß, aber sie wurde nicht boykottiert. Jeder meiner Erfolge war für meine Eltern ein Attest, das ihr Zulassen meiner Idee bestätigt hat." Nachsatz: "Der Nestroy-Preis hätte meinen Vater sehr gefreut." Eine Frage noch zum Stück: Womit geizt Max Mayer? Er denkt lange nach. "Mit Disziplin. Ich kann schwer Dinge an mich halten. Ich muss mich jedes Wortes, jedes Gefühls, jedes Gedankens entledigen." Klingt, als wäre das für die Umwelt mitunter anstrengend. "Ja, das kann passieren."

Zur Person: Von Linz zum Nestroy

Geboren 1974 in Wien. Erster Auftritt als Schauspieler 1998 am Theater Phönix in Linz. Es folgten Engagements bei den Salzburger Festspielen, am Hamburger Thalia Theater und am dortigen Schauspielhaus. Als Andreas Beck vor fünf Jahren das Schauspielhaus Wien übernahm, holte er Mayer zurück in seine Geburtsstadt. Im November wurde er mit dem Nestroy-Preis als Bester Schauspieler ausgezeichnet. Und setzte sich damit bei der Jury gegen die Mitbewerber Gert Voss, Joachim Meyerhoff, Marcello de Nardo und Roland Koch durch.

 

Zur Person: Von Linz zum Nestroy Max Mayer Geboren 1974 in Wien. Erster Auftritt als Schauspieler 1998 am Theater Phönix in Linz. Es folgten Engagements bei den Salzburger Festspielen, am Hamburger Thalia Theater und am dortigen Schauspielhaus. Als Andreas Beck vor fünf Jahren das Schauspielhaus Wien übernahm, holte er Mayer zurück in seine Geburtsstadt. Im November wurde er mit dem Nestroy-Preis als Bester Schauspieler ausgezeichnet. Und setzte sich damit bei der Jury gegen die Mitbewerber Gert Voss, Joachim Meyerhoff, Marcello de Nardo und Roland Koch durch.

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