Türkiser ORF-Stiftungsrat prophezeit Wrabetz "intensiven Sommer"
Thomas Zach ist Leiter des ÖVP-Freundeskreises im obersten ORF-Gremium und damit eines der wichtigsten Bindeglieder zwischen dem türkisen Teil der Regierung und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im KURIER-Gespräch nimmt er unter anderem zu den strittigen Wortmeldungen seines FPÖ-Kollegen Norbert Steger Stellung, der öffentlich gegen ORF-Journalisten polemisiert.
KURIER: Der neue Stiftungsratsvorsitzende, Norbert Steger, ist ein polemischer Kritiker der ORF-Journalisten. Finden Sie es vereinbar mit seiner Funktion, dass man so auf eines der wichtigesten Assets des Unternehmens losgeht?
Thomas Zach: Ich habe es mir zum Grundsatz gemacht, die Tätigkeit meiner Kollegen im Stiftungsrat nicht öffentlich zu kommentieren. Das Thema Meinungsfreiheit ist ein sehr wichtiges, deswegen steht jedem anderen auch die Möglichkeit zu, seine Meinung in der von ihm gewünschten Weise zu artikulieren. Und auch, dafür in der Kritik zu stehen.
Sind die ORF-Journalisten so links, wie Steger meint?
Für mich ist es nicht eine Frage, wo jemand politisch steht, sondern ob es ihr oder ihm gelingt, nach den Grundsätzen des ORF exzellente journalistische Arbeit zu leisten. Diese Grundsätze sind: Objektivität, Äquidistanz und Faktenorientierung. Ich glaube aber auch, dass der Generaldirektor aus gutem Grund eine Qualitätsoffensive angekündigt hat, um sicherzustellen, dass das ganze Unternehmen sich in dieser Frage noch besser aufstellt.
Was dürfen ORF-Journalisten auf Twitter und Co.?
Der Generaldirektor hat angekündigt, eine Social Media-Richtlinie einzuführen. Man kann sich durchaus an positiven internationalen Beispielen orientieren. Es ist notwendig, dass wir hier für die Mitarbeiter eine Orientierungshilfe schaffen, die natürlich auch eingehalten werden muss.
Mit Sanktionen?
Jede Organisationsanweisung in einem Unternehmen muss am Ende des Tages umgesetzt werden.
Ein großes Thema ist die Digitalisierung. Hier ist dem ORF vieles gesetzlich verboten. Wo kann er sich aus Ihrer Sicht dennoch rühren?
In den vergangenen Jahren gab es im ORF zu wenige strategische Zukunftsanstrengungen. Das ist abseits der Frage zu sehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen im Konkreten vorliegen. Dass wir uns bestmöglich nach der Decke strecken müssen, steht in jedem Fall außer Frage. Das Thema Digitalisierung wird daher im September, genauso wie die notwendigen programmlichen Initiativen für ORFeins, ganz oben auf der Agenda stehen. Es wird ein sehr arbeitsintensiver Sommer für die ORF-Geschäftsführung.
Medienminister Gernot Blümel spricht von einer Partnerrolle, die der ORF einnehmen soll. Soll der den Privaten Inhalte zur Verfügung stellen?
Ich möchte den weiteren inhaltlichen Diskussionen nicht vorgreifen. Das duale Rundfunksystem ist zum Teil davon getragen, dass es einen belebenden Wettbewerb gibt, zum anderen müssen wir verstärkt danach trachten, die Kooperationsmöglichkeiten, als kleines Land mitten in Europa mit Blick auf Google und Anbieter wie Amazon, bestmöglich zu nützen.
Die Regierungspartei FPÖ pocht mit Vehemenz darauf, dass die ORF-Gebühren abgeschafft werden sollen. Wie fänden Sie das?
Aus meiner Sicht gibt es dazu noch keine abgeschlossene Meinungsbildung auf politischer Ebene.
Es gibt mit den Channelmanagern und Chefredakteuren für ORFeins und ORF 2 vier Topjobs, deren Besetzung einmal mehr von parteipolitischen Zuschreibungen begleitet wurden. Ist das nicht sehr retro?
Die Channelmanager und die Chefredakteure wurden nach entsprechenden Hearings und Ausschreibungen vom Generaldirektor ausschließlich mit bekannten und kompetenten ORF-Mitarbeitern besetzt. Das halte ich für die Kultur des Unternehmens deswegen für gut, weil es zeigt, dass es Entwicklungsmöglichkeiten für die Mitarbeiter gibt.
Dass die vorher schon feststanden, bevor Hearing und Bewerbung starteten, widerspricht Ihrem Bild allerdings.
Wenn Namen in den Medien kolportiert werden, dann heißt das nicht, dass die Dinge vorher festgelegt worden sind.
Die Personen wurden dann bestellt. Ein großer Zufall?
Fakt ist: Es ist ein Prozess abgelaufen, in dem der Generaldirektor am Schluss eine Entscheidung gefällt hat, weil er glaubt, dass er mit dieser seinen Auftrag bestmögliches Programm für den ORF zu machen, bestmöglich erfüllen kann.
Schrom leitet mit den „ZiBs“ auf ORF2 die Informationsflaggschiffe des Landes. Für diese Aufgabe war vorher der einstige rote Personalwunsch, Fritz Dittlbacher, zuständig. Verstehen Sie das Unbehagen, dass die Politik solche wichtigen Positionen im ORF mitentscheidet?
Wir müssen uns daran gewöhnen, Führungskräfte an ihren Leistungen zu messen. Etwa dass sie in der Information dafür sorgen, objektiven, äquidistanten und Faktenorientierten Journalismus sicherzustellen. Das ist der Bewertungsmaßstab, den ich anlegen werde.
Schrom hat noch nie Budgetverantwortung getragen. Aber er ist der einzige, mit dem die FPÖ kann. Ist das nicht ein problematisches Besetzungsprofil?
Nicht jedes Gerücht hat auch einen wahren Kern. Die Aufgabe des Chefredakteurs ist es, mit den ORF-Journalisten und Journalistinnen die besten Nachrichtensendungen des Landes zu machen. Daran wird er gemessen.
Alexander Wrabetz ist jetzt in seiner dritten Periode. Und ich erwarte mir, dass das seine beste wird.
über den ORF-Generaldirektor
Der Generaldirektor hat in dieser Frage mehrmals versichert, nie mit der Politik über die vier Jobs gesprochen zu haben. Man könnte sagen: Musste er auch nicht, denn er hat die Deals mit Ihnen und Ihrem Gegenüber Norbert Steger gemacht. Wieviel Gesprächsbedarf hatten Sie drei?
Der hat sich vor allem auf die Frage bezogen, das, was seit mittlerweile – je nach Lesart – zwei, drei oder fünf Jahren angekündigt war, nun in die Umsetzung zu bringen. Tatsächlich ist es auch so, dass der Aufsichtsrat dafür Sorge tragen muss, dass Strukturmaßnahmen, die angekündigt sind, auch umgesetzt werden. So auch die Channelmanager.
Haben Sie dem Generaldirektor gesagt, wen Sie sich für welchen Job wünschen?
Nein.
Strategisch steckt der ORF in einer herausfordernden Ausgangslage: Fiktionale Inhalte werden von internationalen Streamingdiensten auf einem viel höheren Niveau hergestellt, als es der ORF je könnte. Auf der anderen Seite wird die Glaubwürdigkeit seiner journalistischen Arbeit von verschiedenen Seiten untergraben.
Wir sind in einer sehr kompetitiven Situation, das ist überhaupt keine Frage. Aber das ist genau die Kunst von gutem Management, hier im Rahmen der Möglichkeiten das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Dazu werden die neuen Strukturen einen Beitrag leisten können.
Stichwort „gutes Management“. Erfüllt Alexander Wrabetz dieses Kriterium?
Er ist jetzt in seiner dritten Periode. Und ich erwarte mir, dass das seine beste wird.