Kultur/Medien

George Ezra: Von der großen Bühne zurück ins Kinderzimmer

Tamara lebt in Barcelona – umgeben von Künstlern. Ihr Boyfriend ist Musiker, ihre Freunde sind Designer. Über das Internet kann man bei ihr Zimmer mieten.

George Ezra tat das, um die Entstehung seines zweiten Albums voranzutreiben. Er genoss die Zeit in dieser Gemeinschaft so sehr, dass er diese eben erschienene Sammlung fröhlicher Pop-Songs „Staying At Tamara’s“ genannt hat. „Tamara war eine großartige Gastgeberin“, sagt er. „Sie wusste anfangs nicht, wer ich war. Erst später sah sie das ,Budapest‘-Video, sagte aber nur: ,Ich wusste, dass ich dich von irgendwoher kenne!‘ Ich fühlte mich dort so gut und frei wie schon lange nicht mehr.“

2014 hatte der Brite, gerade aus der Schulbank gerutscht, mit „ Budapest“ seinen ersten Hit. Das erste Album „Wanted On Voyage“ verkaufte sich in der Folge über eine Million Mal. Bis Dezember 2015 war Ezra deshalb auf Tour.

Verwirrend

Danach zog er sich in ein Cottage in Cornwall zurück. „Da hatte ich einen Kamin, viele Bücher, keinen Wecker und tat erstmal einen Monat lang gar nichts“, erzählt er im Interview mit dem KURIER. „Zwei Jahre lang hatte ich einen Termin nach dem anderen, einen neuen Eindruck nach dem anderen. Das musste ich erst mal alles verarbeiten. Es war so verwirrend: In einem Moment war ich noch auf der großen Bühne beim Glastonbury-Festival. Und ein paar Stunden später im Kinderzimmer im Haus meines Vaters, wo ich aufgewachsen bin.“

Mittlerweile lebt Ezra in London. Doch die ersten Versuche, nach der Auszeit daheim Songs zu schreiben, schlugen fehl. Deshalb entschloss er sich, wegzufahren. Schließlich war auch das Debüt auf einer Europa-Reise entstanden.

„Zum Glück ist das kein Problem für mich. Wie Tamara erkennen mich die Leute nur im Zusammenhang mit der Musik. Das liegt daran, dass ich diese Celebrity-Sachen nicht mache und ganz bewusst nie bei Filmpremieren oder Ähnlichem am roten Teppich auftauche.“

Mit dem Reisen und dem Aufenthalt in Barcelona kam auch die Inspiration zurück. Neben Liebesliedern für seine Freundin („Paradiese“ und „All My Love“) schrieb Ezra auch über die Flucht vor Isolation und Ängsten.

Zweifel und Fragen

„Ich denke, der Zustand der Welt hat viel damit zu tun“, sagt er. „Ich tendiere dazu, viel zu viel über alles nachzudenken und mir Sorgen zu machen. Damit kommt dieses Gefühl, allein und machtlos zu sein, ein Haufen Zweifel und Fragen. Als Resultat schrieb ich all diese leichten Songs – darüber, wie man sich dem entziehen kann. Fast so, als wollte ich dem etwas Positives gegenüberstellen.“

Wie entzieht Ezra sich diesen Ängsten? „Indem ich wegfahre. Und indem ich das Handy abdrehe. Mit den Sozialen Medien haben wir einen Druck, sofort auf alles zu reagieren, was passiert, zu allem sofort eine Meinung zu haben. Und das, obwohl wir so nur die Headline einer Nachricht bekommen und keine Fakten kennen. Und natürlich machen dich all diese vielen, negativen Schlagzeilen traurig. Man hört sofort alles Schlimme, was auf der Welt passiert. Früher gab es vielleicht genauso viel davon, aber man wurde nicht permanent damit konfrontiert. Deshalb habe ich mir einen Wecker gekauft. So muss ich das Handy nicht mehr ins Schlafzimmer mitnehmen und werde nicht schon in der Früh mit all dem bombardiert.“