Fußball auf Puls4 bringt ORF1 historisch schlechte Quoten
Es war ein Tag zum Jubeln.
Das Europa-League-Halbfinale zwischen dem FC Chelsea und Eintracht Frankfurt mit dem Österreicher Martin Hinteregger bescherte dem Privatsender Puls4 beste Seher-Werte: Durchschnittlich 300.000 Zuseher und in der Spitze 440.000 verfolgten das Ausscheiden der Frankfurter. Der Marktanteil lag in der Zielgruppe 12 bis 49 Jahre bei 15,3 Prozent. Unter dem Strich kam Puls4 auf einen Tagesmarktanteil von 10,3 Prozent bei den Jungen und 7,3 Prozent bei 12 Jahren und älter – Bestwert 2019. Das sind gute Aussichten, dass der Mai so wird wie der April: ein Rekordmonat.
Historisch
Es war ein Tag zum Vergessen.
Und doch einer für die Geschichtsbücher. Mit einem Tagesmarktanteil von nur 3,9 Prozent bei Sehern über 12 Jahren fuhr das neue ORF1 einen historisch schlechten Wert ein. Nicht besser schaute es in der eigentlichen Zielgruppe des jungen Senders, den 12- bis 49-Jährigen, mit 6,6 Prozent aus.
Der Versuch, mit der Eigenproduktion „Dok1: Das Wunderkind – Was steckt in unseren Kleinsten?“ dagegen zu halten, ging schief. Nur 180.000 wollten zusehen. Das entsprach den Werten von „Pfusch am Bau“ bei ATV, was man dort als Erfolg nehmen darf.
Diese Programmierung von ORF1 mit Eigenproduktionen am Donnerstag, die entsprechende Kosten verursachen, ist am Küniglberg ohnehin umstritten. Denn die Konkurrenz im Haus im Hauptabend um 20.15 Uhr heißt „Rosenheim Cops“, das gar nicht so wenige junge Seher hat. Dazu kommt eben noch die Europa League bei Puls4. Klarer Gewinner bei der jungen Zielgruppe war wie derzeit immer am Donnerstag ProSieben mit Heidi Klums „Topmodel“.
Das war aber nicht das einzige Problem von ORF1 an diesem Donnerstag – wie im übrigen auch an den anderen Tagen. Wie die Analyse zeigt: Nach dem Ende der geballten Wintersport-Berichterstattung sind die jungen Seher nicht mehr zu den US-Serien in ORF1 zurückgekehrt. Sie haben anderswo – ob im linearen Fernsehen oder auf Streaming-Plattformen – das ihre gefunden.
Mehr oder weniger
Dazu brachte die als öffentlich-rechtlicher Mehrwert verkaufbare und damit politisch opportune Einführung der „ZIB 18“ und von „Magazin 1“ dem neuen ORF1 keinen Schub in den werberelevanten Zielgruppen im Vorabend. Im Gegenteil: „Magazin 1“ funktioniert bisher tagweise gar nicht, kostet aber deutlich mehr als die bisher gezeigten „Simpsons“. Andere kostengünstige Programm-Alternativen, etwa Quiz, fehlen aufgrund von Versäumnissen in den Vorjahren. Ein Eigentor.
Das größte Problem betrifft vor allem den Hauptabend: Der ORF hat kaum mehr Rechte an Live-Sport-Ereignissen – ein Zugpferd bei jungen Zusehern. Sollte man nach dem Verlust der Fußball-Bundesliga und der Champions League – Sky performt damit in Österreich bemerkenswert gut – aus Kostengründen und ohne Alternativen auch auf die Formel 1 nach 2020 verzichten müssen, sähe es für die Entwicklung von ORF1 noch trüber aus, als sie ohnehin ist (siehe Grafik). Die Seniorisierung und Marginalisierung des Einser-Kanals wird viel Werbe-Geld kosten, das die anderen ORF-Sender bisher ausgeben können. Noch.