Kultur

Die fetten Jahre sind vorbei: Material, Geld, Krise und Kunst

Die mumok-Schau ist kaum ein paar Stunden alt, da ist bereits die erste Materialkrise im Gange. Eines von Terry Atkinsons „Grease Works“ – die Objekte bestehen aus hohlen, hölzernen Rahmenstrukturen, die der Künstler bis zum Rand mit glänzender, gelber Achsenschmiere füllen ließ – ist dabei, sich selbstständig zu machen.

In prekärer, vertikaler Lage an die Wand gehängt, ist es aber auch nur eine Frage der Zeit, bis ein dicker Batzen des zähflüssigen Füllmaterials seinem Behältnis entgleitet und aus dem Rahmen auf das darunter angebrachte Wandbrett fällt. Der Absturz war natürlich geplant.

„Grease Works“ ist – wie die Werke der anderen zehn in der Ausstellung vertretenen Künstler – eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Begriffstrio Material, Geld und Krise, das der vom Kurator Richard Birkett und Künstler Sam Lewitt zusammengestellten Schau ihren Namen gibt. „and Material and Money and Crisis“ nähert sich einer der präsentesten Problematiken unserer Zeit aus dem Blickwinkel der Kunst. Und bringt dazu ein breites Spektrum von Positionen und Herangehensweisen zusammen, die auch medial weit gefächert sind.

Da sind etwa Cheney Thompsons geometrische Betonskulpturen. Die sehen aus wie Mahnmale an missglückte Tetrisspiele, deren Formen aber mithilfe eines zufallsgesteuerten Algorithmus generiert wurden, der normalerweise im Finanzwesen zur Bewertung von Aktienoptionen dient.

Eindrücke aus der Ausstellung

Alle Inhalte anzeigen

Wert

Gleich daneben hat Henrik Olesen für „Produce“ allerlei Müll und wertlose Fundgegenstände feinsäuberlich auf Acrylglaspaneele geklebt und zum Museumsstück erhoben. Er illustriert damit auf recht anschauliche Weise die bisweilen absurde Beziehung von ideellem Wert und Materialkosten in der Kunst.

Von einer ganz anderen Richtung kommt wiederum Maria Eichhorn, die auf bedeutsame und ganz wörtliche Weise in die Museumsatmosphäre eingreift: Sie füllt einen ganzen Ausstellungsraum mit Salzwassernebel.

So versammelt die Ausstellung, die noch bis Februar im mumok zu sehen ist, die unterschiedlichsten Deutungen des Begriffs Material, sowohl in seiner künstlerischen als auch seiner wirtschaftlichen Bedeutung. Doch vor allem zeigt sie das ernste Spiel der Kunst mit der Krise, zeigt, dass die sie ihre marktwirtschaftlichen Produktionsbedingungen längst nicht mehr kommentarlos hinnehmen will.

Die Schau zeigt auch, wie die Lücken, Bruchlinien und Unfallherde im System im geschützten Rahmen der Institution Museum eigens aufgesucht, provoziert und verstärkt werden können.

Und dass es durchaus produktiv sein kann – wie Terry Atkinson – ordentlich ins Fettnäpfchen zu treten.

Gruppenschau


Kommentar zur Krise: Die Ausstellung „and Materials and Money and Crisis“ läuft noch bis zum 2. Februar 2014 im Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig im MuseumsQuartier in Wien.
Info und Details unter www.mumok.at

VON Daniela Fasching