Kultur

"Mary Poppins": Die Super-Nanny vom Zuckerbäcker

Ein Hund und Kinder auf der Bühne sind schon der halbe Erfolg. Diese alte Theaterweisheit bewahrheitet sich auch bei „Mary Poppins“ – nach dem Buch von Pamela L. Travers – in der deutschsprachige Erstaufführung im Ronacher.

Wo eine kläffende Promenadenmischung als Handpuppe und zwei herzig-quirlige Kids (Fiona Bella Imnitzer und David Paul Mannhart) von renitenten Rackern zu Herzbinkerln mutieren, kann nicht mehr viel schief gehen.

Das exaltierte und kapriziöse Kindermädchen Mary Poppins flog schon nach der Uraufführung des Märchenmusicals 2004 mehr als drei Jahre lang in London mit dem Regenschirm durch die Lüfte. Und wurde dann ein Welterfolg mit 11,5 Millionen Besuchern.

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Süßlich und knallbunt

Aus der Zuckerbäckerei der Walt-Disney-Traumfabrik kommt auch die Wiener Lizenzproduktion. Süßlich – perfekt passend zum Song: „Mit 'nem Löffelchen voll Zucker wird die Medizin versüßt.“ Knallbunt wie ein Sackerl Lutschbonbons (Bühne: Bob Crowley). Glatt, faltenfrei, geradezu überperfekt.

Was im Film mit Julie Andrews vor einem halben Jahrhundert mit fünf Oscars prämiert wurde, hebt in der Bühnenadaption von Produzenten-Legende Cameron Mackintosh in den ersten drei Szenen etwas behäbig ab.

Aber sobald die „Elisabeth“-erprobte Annemieke van Dam als resolute Fee das Leben der Londoner Familie Banks auf den Kopf zu stellen beginnt, katapultiert sich die groß ausgestattete Show aus der Hängematte.

Als das wunderbarste Kindermädchen der Weltliteratur spricht Mary Poppins mit Tieren, steppt mit Rauchfangkehrern, fliegt mit Regenschirmen, hüpft in Bilder, rutscht auf rätselhafte Weise das Stiegengeländer hinauf und teilt mit den Kindern ihren allergrößten Schatz: die Fantasie.

Denn sie ist nicht nur eine strenge Gouvernante mit rigorosen pädagogischen Vorstellungen, sondern auch eine Botschafterin aus einer anderen Welt, in der wundersame Dinge geschehen. Das ist der Zauber dieses Märchens: Die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fantasie ist so fragil wie ein Zuckerguß.

Und die Wunderwelt der Mary Poppins ist kein Gegenentwurf zur ungeliebten Realität, keine Fluchtburg, kein Sehnsuchtsland der unerfüllbaren Wünsche und Träume, sondern eine Erweiterung, eine Bereicherung des Wirklichen, vielleicht gar seine schönste Möglichkeit. Alles ist möglich. Alles kann sein.

Song-Klassiker

Und vor allem: Annemieke van Dam kann’s auch stimmlich vermitteln, während andere just in dieser Hinsicht ziemlich blass wirken: der grantelnde bis jähzornige und am Ende geläuterte Spießer George Banks (Reinwald Kranner) und seine Frau (Milica Jovanovic) sowie der Fee guter Freund Bert (David Boyd) als Erzähler, Rauchfangkehrer und Lebenskünstler. Und Sandra Pires hat als „Vogelfrau“ den wahrscheinlich kürzesten Auftritt der gesamten Musical-Geschichte.

Ins Stück integriert sind bekannte Evergreens wie die Filmnummern der Brüder Robert B. und Richard M. Sherman, etwa der Mammut-Zungenbrecher „Supercalifragilisticexpialigetisch“, „Chim Chim Cheree“ als Leitmelodie oder „Wenn ein Löffelchen voll Zucker“. Die restlichen Stücke haben die Komponisten George Stiles und Anthony Drewe im Filmstil ergänzt. Zu einer Show, die ihr Publikum finden wird. Für eine Saison. Mindestens.

Tipp: Infos zu den Veranstaltungsterminen und Karten erhalten Sie auf events.at

Fazit: Nostalgische Show

Stück Deutschsprachige Erstaufführung des Musical-Welterfolges „Mary Poppins“ nach dem 1964 entstandenen Disney-Films mit Julie Andrews.

Fazit Zeitlose Familienunterhaltung für Jung und Alt.

KURIER-Wertung: