Kultur

Hemmungslose Party mit Manu Chao

Sonntagabend in Wiesen: Manu Chao hat noch nicht einmal angefangen, und im restlos ausverkauften Festival-Zelt von Wiesen herrscht schon eine Stimmung, die manche bei der Zugabe nicht erreichen: 8000 Zuschauer – gut aufgewärmt von Systema Solar und Irie Révoltés – sind hemmungslos auf Party gepolt. Schon die Reggae-Klassiker, die in der Umbaupause aus der Konserve kommen, reichen, um einen Massenchor zu entfachen.

Eine Probe für den Sturm, der gleich durchs Zelt wirbeln wird. Denn nach wie vor ist der als Sohn spanischer Einwanderer in Paris geborene José-Manuel Chao ein kleines Energiebündel, das auf der Bühne explodiert. Und die Fans mit ihm. Es braucht nur die ersten Töne von "Mr. Bobby", schon reißen alle die Arme in die Höhe, kreischen, tanzen, hören zweieinhalb Stunden nicht mehr auf.

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Zappelig

Elastisch wie ein Flummi springt Chao herum, tänzelt zappelig von einem Bein aufs andere, hackt in die Gitarre und animiert zum Mitmachen. Als ob das notwendig wäre! " Por El Suelo" und "Clandestino": Der Massenchor funktioniert perfekt. Auch die abgebrühten Roadies im Seitenflügel der Bühne können dem übermütigen Treiben bald nicht mehr widerstehen und tanzen mit.

Es ist ja auch eine hoch infektiöse Mischung, die der 53-Jährige, der einst mit der Band Mano Negra bekannt wurde, solo bringt: Ausgelassenes Sommerfeeling kommt von den Ska- und Latin-Rhythmen. Der Drive von der Punk-Attitüde, mit der die auf drei Mann geschrumpfte "La Ventura"-Begleitband loslegt. Und der Ansporn von den kämpferischen, politisch gefärbten Texten und den vielen Oh-oh-ohs und Yo-yo yos, die sich so herrlich zum Mitsingen eignen.

Das reißt sie alle mit. Die, die in Kraftwerk-T-Shirts gekommen sind, genauso wie die mit dem Tote-Hosen-Logo auf der Brust. Die Teenager, die vor der Bühne in einer abenteuerlichen Schubserei ihren Spaß haben, genauso wie die 65-Jährige Oma oben auf der Tribüne. Die ist ohnehin längst von ihrem Sessel aufgesprungen, hüpft mit und vergisst dabei, dass die Holzkonstruktion schon bedrohlich bebt.

So ist "L'Hiver Est Là" mit dem "Loi Loi Loi Loi"-Refrain ein kollektives Ausflippen. Weshalb während der ausgedehnten Zugabe sogar die Warteschlange am Klo unablässig im Takt weiterswingt .

Vielleicht hätte der Abend (mit der größeren Band) musikalisch variantenreicher sein können. Lustiger aber garantiert nicht.

KURIER-Wertung: