MAK: Aus den Bröseln der Avantgarde
Von Michael Huber
Demontage statt Abriss" steht auf dem Bauzaun, den der Künstler Geoff Kleem ins Bild gebannt hat. Die Fotografie, die Besucher im Eingangsbereich der aktuellen MAK-Schau "Erschaute Bauten" (bis 22. 4. 2012) empfängt, ist deutlich sichtbar auf eine Rigips-Platte aufgezogen: Wir befinden uns auf einer Baustelle, einer symbolträchtigen noch dazu.
Kleems Fotografien zeigen den "Rückbau" des Berliner Palasts der Republik, des einstigen Kultur-Zentrums der DDR. Der Zerfall des Kommunismus und seiner Repräsentationsformen ist längst ein dankbares Motiv für Künstler, die dabei grundsätzliche Gedanken über gescheiterte Utopien, Machtverhältnisse und historische Umbrüche bildlich umsetzen können.
Neue Epoche
Die Ausstellung "Erschaute Bauten" markiert selbst einen Umbruch - es ist die erste Schau, die unter dem neuen MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein geplant und umgesetzt wurde. Anders als Kleems Baustellen-Ästhetik suggeriert, ist sie rechtzeitig fertig geworden, obwohl die Vorbereitungszeit mit rund sechs Monaten extrem kurz war. Und anders als das Wort "Bauten" im Titel nahelegt, ist es eine lupenreine Bilder-Ausstellung geworden.
Sehr oft ist in den begleitenden Texten von "Ikonen" die Rede, wenn bestimmte Gebäude gemeint sind, etwa die Villa Tugendhat von Ludwig Mies van der Rohe in Brünn: Solche Architekturjuwele sind - in der Fotografie vielleicht noch mehr als in ihrer gebauten Erscheinungsform - Manifestationen einer Idee, in Mies` Fall jener einer puren modernen Architektur.
Keine Diktatur
Dass manche Idealisten der Avantgarde ein lockeres Leben unmöglich machten und im schlechtesten Fall diktatorische Strukturen förderten, ist kein neuer Befund. Doch er zeigt sich nirgends so deutlich wie in der Architektur und ihren künstlerischen Echos: In Bildern von Maix Mayer erscheinen einst visionäre Bauten überwuchert und abgewohnt, in einem Video von Jane und Louise Wilson wird ein Beton-Pavillon zum Spielgerüst und zur Graffiti-Wand, Tobias Zielonys Serie "Vele" zeigt moderne Wohnbau-Tristesse.
Es mag ein ungeplanter Zufall sein, dass hier ein Kontrast zum Moderne-Verständnis des Ex-Direktors Peter Noever aufblitzt: Dieser konnte den autoritären Aspekten der Avantgarde immer wieder auch Positives abgewinnen. In der Ausstellung "Geschaute Bauten" sind die Künstler dagegen keine Über-Visionäre, sondern kritische, durchaus zerrissene Geister: Hier hat sich ohne Zweifel ein Epochenwechsel vollzogen.