Kultur

Unter Orangen- und Apfelbäumen

Während, so ist das jedes Jahr, laut darüber nachgedacht wird, ob der Roman grundsätzlich in der Krise steckt bzw. eigentlich schon tot ist, püriert Vea Kaiser Ameisen – in "Makarionissi oder Die Insel der Seligen".

Oskar Werner wird, 30 Jahre nach seinem Tod, Romanheld in "Der traurige Prinz" seines Schauspielerkollegen Michael Degen.

Martin Suter kümmert sich in "Montecristo" um einen Finanzskandal, Michel Houellebecq schaut in die Zukunft: Frankreich ist islamisiert ("Unterwerfung").

Es wird auch einen neuen Roman von Amos Oz geben, "Judas" – Liebesgeschichte und zugleich Buch über das geteilte Jerusalem.

Arno Geiger schreibt im "Selbstporträt mit Flusspferd" von den Schwierigkeiten eines 22-Jährigen, erwachsen zu werden.

Doris Knecht schreibt in "Wald" von den Schwierigkeiten einer Frau, auf dem Land zu überleben.

T.C. Boyle schreibt in "Hart auf Hart" über die Schwierigkeiten, Mensch zu sein und keine wandelnde amerikanische Zeitbombe ...

Seelentröster

... und was beim ersten Durchschauen der Kataloge ebenfalls auffällt, ist die Unzahl an Gärten, die in den Büchern des Frühjahrs blühen.

In "Blumentochter" der brasilianischen Schriftstellerin Vanessa da Mata langweilt sich ein Mädchen in der tropischen Gärtnerei ihrer Tanten, die Blumen für Beerdigungen produziert.

Claire Hajaj erzählt inmitten der Orangenbäume in Jaffa die Tragödie zwischen Palästina und Israel ab 1948 ("Ismaels Orangen").

Ein Bestseller aus New York bringt den Neuanfang einer Geschiedenen unter Apfelbäumen fern der Großstadt ("Ein Jahr auf dem Land" von Anna Quindlen).

Barbara Frischmuth hat Rückenschmerzen, wenn sie sich bückt und Blumen einsetzt. Aber "Der unwiderstehliche Garten" bleibt das Glück, auch das literarische, der mittlerweile 73-Jährigen.

So geht das immer weiter, der amerikanischen Dichterin Emily Dickinson folgend: "Blüten und Bücher, die größten Seelentröster."

Danach Chaplin

... und was beim zweiten Durchblättern der Kataloge auffällt, sind die vielen Entdeckungen aus alten Zeiten bzw. Wiederentdeckungen.

Von J. D. Salinger kommen die frühen Erzählungen "Die jungen Leute" – gleichzeitig mit Frédéric Beigbeders Roman über Salingers erste Liebe, das war Oona, die später Chaplin heiratete.

Den irischen Griechen mit japanischer Staatsbürgerschaft Lafcadio Hearn ( 1904) muss man anschauen, von John Williams ( 1994, "Stoner") wurde noch "Butcher’s Crossing" gefunden und von Heinz Rein ( 1991) die vergessene Kriegsszenerie "Finale Berlin". Der Londoner Alfred Hayes ( 1985) könnte mit "In Love" verspätet einschlagen, wie es bei Richard Yates mit "Zeiten des Aufruhrs" ab 2002 der Fall war.

DIE Sensation könnte im Februar Stefano D’Arrigos "Horcynus Orca" werden: 1500 Seiten tödliche Odyssee eines Matrosen, der 1943 aus dem Krieg flieht und von Neapel zu Fuß Richtung Heimatdorf in Sizilien aufbricht. Das gab es bisher nur auf Italienisch. Denn weltweit scheuen die Verlage die schwierige Übersetzung und das finanzielles Risiko – obwohl alle Kenner "Horcynus Orca" neben Proust, Musil, Joyce und Kafka stellen.

Dem Verlag S. Fischer ist zu danken. Sehr.

Noch im Jänner (ab 14.) spürt der Wiener Thomas Raab in "Still" einem Mörder nach, der – schon als Kind – aus Liebe getötet hat. Der Tod als Geschenk. Ein Roman ohne Restaurator Metzger, der Raabs schräger Serienheld ist (und den er jetzt wohl wieder braucht, "Still" hat ihm sehr zugesetzt). Michel Houellebecq versucht, mit der Islam-Provokation "Unterwerfung" einen Skandal zu inszenieren (ab 7. 1. in Frankreich, ab 16. 1. auf Deutsch).

Alle Inhalte anzeigen
Allein am 2.Februarwerden folgende Romane an die Buchhandlungen ausgeliefert: Arno Geigers "Selbstporträt mit Flusspferd"; T.C. Boyles "Hart auf Hart"; Sibylle Bergs "Der Tag, als meine Frau einen Mann fand"; Alfred Polgars "Marlene" (über Marlene Dietrich). Darauf folgen Iris Hanikas "Wie der Müll geordnet wird", Julian Barnes’ "Lebensstufen", Eva Menasses Essays "Lieber aufgeregt als abgeklärt", Stefano D’Arrigos "Horcynus Orca", Martin Suters "Montecristo", Milan Kunderas "Das Fest der Bedeutungslosigkeit" ...
Alle Inhalte anzeigen
DerMärz beginnt mit Bachmann-Preisträger Tex Rubinowitz und "Irma", mit Doris Knecht und "Wald", Michael Degen und "Der traurige Prinz" (über Oskar Werner), Amos Oz und "Judas".

Ein neuer Stephen King erscheint ("Revival""), ein neuer John Grisham ("Anklage"), Heinrich Steinfest präsentiert "Das grüne Rollo", Salinger "Die jungen Leute", Peter Esterhazy "Die Mantel-und-Degen-Version", von J.R.R. Tolkien wurde das unvollendete Gedicht über "König Arthur" ausgegraben.

Jussi Adler-Olsen hat den sechsten Fall für Carl Mørck vom Sonderdezernat Q, Titel: "Verheißung".

John Cleese von "Monty Python" gratuliert sich in "Wo war ich noch mal?" selbst zu seinem Leben.

Dann der April: Clemens J. Setz ist "Glücklich wie Blei im Getreide" – das sind 45 Erzählungen. Siri Hustvedt hat eine überlebensgroße Künstlerin porträtiert ("Die gleißende Welt"). Martin Walker schickt seinen lieben Polizisten Bruno in den siebenten Krimi ("Provokateure"). Von David Foster Wallace, der sich wegen Depressionen umgebracht hatte, wurde der Text "Der Planet Trillaphon in seinem Verhältnis zur Üblen Sache " entdeckt – über einen depressiven Studenten.

Thomas Gottschalk stellt seine Autobiografie "Herbstblond" vor.

Alle Inhalte anzeigen
Andrea Camilleri wird imMai90, es erscheint sein Krimi "Das Spiel des Poeten". Zadie Smith hat einen "Sinneswechsel", bei Donna Leon findet man den "Tod zwischen den Zeilen". Und man freut sich auf die Fabulierlust der St. Pöltnerin Vea Kaiser in "Makarionissi oder Die Insel der Seligen".