Lilli Paasikivi leitet ab 2025 die Bregenzer Festspiele
Die Finnin Lilli Paasikivi folgt 2025 als Leiterin der Bregenzer Festspiele auf Elisabeth Sobotka. Das gaben die Verantwortlichen am Mittwoch bekannt. Damit bleibt die Intendanz der Festspiele in weiblicher Hand. Die scheidende Intendantin Sobotka wechselt ab Herbst 2024 an die Staatsoper "Unter den Linden" in Berlin.
Wer ist Lilli Paasikivi?
Erfahrungen mit der Leitung großer Musiktanker hat die Mezzosopranistin, ist Paasikivi doch seit 2013 künstlerische Leiterin der Finnischen Nationaloper, dem einzigen professionelle Opernensemble des Landes. Paasikivi zeichnet dabei verantwortlich für die künstlerische Ausrichtung der Institution und die Spielplangestaltung. 2019 startete sie hier das Projekt Opera Beyond, um Oper und Ballett mit neuen technischen Anwendungen zu verbinden. Zugleich hat Paasikivi aber auch jahrzehntelange Erfahrung damit, wie es ist, selbst auf den Brettern zu stehen, die die Welt bedeuten. So war sie von 1998 bis 2013 als Solistin am Haus fix angestellt.
So sang sie an der Finnischen Nationaloper etwa die Fricka im "Ring des Nibelungen" ebenso wie die Carmen oder die Amneris in der "Aida". Auch international war die Mezzosopranistin in verschiedensten Kontexten zu erleben und arbeitete dabei mit der Spitze der Dirigentenzunft zusammen - von Paavo Järvi über Simon Rattle bis hin zu ihrem Landsmann Esa-Pekka Salonen.
Einspielungen von ihr liegen unter anderem zu ihrem großen Landsmann Jean Sibelius und nicht zuletzt zu Gustav Mahler vor, der eine Sonderstellung in ihrem Werk einnimmt. So machte sich Paasikivi nicht zuletzt einen Namen als Interpretin der Liederzyklen des großen Komponisten.
Zugleich engagierte sich Paasikivi früh in der Organisation des Klassikzirkus. So gründete die am 22. Juli 1965 im direkt an der russischen Grenze gelegenen Imatra geborene Künstlerin 2016 das Festival Sydänkesän säveliä und war von 2010 bis 2015 künstlerische Leiterin der Pyhäniemen-Kartano- Konzertreihe. In ihrer Heimat blieb das Engagement Paasikivis nicht ungewürdigt, ist die Sängerin doch seit 2008 Trägerin der Pro Finlandia-Medaille des Ordens des Löwen von Finnland. Und seit 2017 darf sie sich dessen Commander nennen.
Erst die fünfte Intendanz seit 1946
Die Geschichte der Bregenzer Festspiele ist von großer Konstanz geprägt, langjährige Kontinuität an der Spitze war stets die Regel. Seit der Gründung der Festspiele 1946 hatten zuvor erst vier Personen die Intendanz des Festivals besetzt. Nach den zwei männlichen Langzeitintendanten Ernst Bär (fast 30 Jahre) und Alfred Wopmann (rund 20 Jahre) folgten für jeweils etwa zehn Jahre David Pountney und Elisabeth Sobotka.
Ernst Bär wurde 1954 der erste Langzeitleiter der Festspiele. Zuvor zeichnete ein Gremium der "Festspielgemeinde", der Vorläufer des heutigen Vereins der Freunde der Bregenzer Festspiele, für das Programm verantwortlich. Dieses segnete die geplanten Vorhaben auch nach Bärs Ernennung ab. Der 1919 geborene Bär war Journalist bei den "Vorarlberger Nachrichten" und für das Festival seit seiner Gründung 1946 tätig. In seiner bis 1982 dauernden Ära als Direktor wurde das Festspielhaus errichtet, die Besucherzahlen stiegen von rund 51.000 auf 96.000. Bärs Vertrag wurde Ende 1982 nach einem kritischen Rechnungshofbericht, der der Leitung Misswirtschaft vorwarf, gelöst. Seither steht dem künstlerischen Leiter ein gleichberechtigter kaufmännischer Direktor bei. Als erster kaufmännischer Direktor wurde 1982 Franz Salzmann installiert, heute hat Michael Diem (seit 2009) diese Position inne.
Öffnung unter Wopmann
Ab 1983 übernahm Alfred Wopmann die künstlerische Leitung. Der zuvor als Regisseur an der Wiener Staatsoper tätige Welser betrieb eine Öffnung des Programms, er wollte vor allem die Bregenzer für das als elitär geltende Festival begeistern. Er prägte die "Bregenzer Dramaturgie", die bekannte Mischung aus publikumswirksamen Opern auf der Seebühne und Raritäten im Haus, und führte die Reihe "Kunst aus der Zeit" (KAZ) sowie einen Jugendtag ein. In seine Zeit als Direktor fielen große Erfolge auf der Seebühne wie "Die Zauberflöte" (1985/86), "Der fliegende Holländer" (1989/90), "Nabucco" (1993/94) oder "Fidelio" (1995/96) - die drei letztgenannten übrigens inszeniert von David Pountney. 1989 fand der eingeleitete Reformprozess mit der Überführung der Festspiele in eine GmbH ihren Abschluss, Wopmann und Salzmann waren seither auch Geschäftsführer.
Die begonnene Demokratisierung der Bregenzer Festspiele wurde vom Briten David Pountney ab 2004 weiter vorangetrieben. Bei seinem Antreten von Präsident Rhomberg als "Idealkandidat" vorgestellt, betonte Pountney stets sein Anliegen, Festspiele für jedermann machen zu wollen. Er setzte auf Produktionen, die unterhaltsam und von hohem künstlerischen Anspruch, aber dennoch verständlich sein sollten. Viel beachtet waren etwa die Schwerpunkte zu Ernst Krenek (2008) und Mieczyslaw Weinberg (2010). 2010 verkündete Pountney, künftig noch einen Schritt weitergehen zu wollen: Standen bisher als Hausopern Raritäten auf dem Programm, wurden ab 2011 neue Opern gezeigt. Pountneys Vertrag als Intendant war zunächst bis 2013 befristet, für 2014 bestand lediglich eine Regievereinbarung für die Seebühnenproduktion. Nach einiger Verwirrung rund um seine neuerliche Bewerbung als Festival-Leiter wurde der Kontrakt des Briten im Jänner 2011 für die Saison 2014 verlängert. Im April 2011 erklärte Pountney dann aber, Bregenz doch 2013 verlassen zu wollen, um ein Angebot der Walisischen Nationaloper anzunehmen.
Doch nicht Roland Geyer
Als Pountneys Nachfolger ab 2015 wurde Ende Mai 2011 Roland Geyer, damals (und bis Sommer 2022) Intendant des Theater an der Wien, vorgestellt. Der damalige Festspielpräsident Günter Rhomberg nannte Geyer seinen Wunschkandidaten, von dem er sich "eine dritte Pionierphase der Festspiele" nach 1950 und 1980 versprach. Im Jänner 2012 gab die Bregenzer Festspiele Privatstiftung überraschend bekannt, dass man die Zusammenarbeit wegen "unüberbrückbarer Auffassungsunterschiede" einvernehmlich beende. Zugleich mit der Trennung wurde bekannt, dass Pountney die Saison 2014 künstlerisch verantworten wird.
Nach einer Neuausschreibung des Postens wurde Elisabeth Sobotka am 17. Juli 2012 als neue Intendantin (ab 2015) vorgestellt. Davor hatte im Frühjahr 2012 Hans-Peter Metzler die Festspielpräsidentschaft von Günter Rhomberg (seit 1981) übernommen. Mit Sobotka, die von der Oper in Graz an den Bodensee wechselte, nahm erstmals eine Frau die Festspiel-Zügel in die Hand.
"Ich war einen Tag hier, und dieser Ort hat mich vollkommen verzaubert und verführt", sagte sie damals bei ihrer Vorstellung, die am Tag vor der Eröffnung der Festspielsaison 2012 stattfand. Während ihrer Zeit als Intendantin betonte sie die Seebühnenproduktionen als das "Herz der Festspiele" und hatte mit ihren Produktionen - "Turandot" (2015/16), "Carmen" (2017/18) oder "Rigoletto" (2019 und 2021) sowie heuer "Madame Butterfly" - riesigen Erfolg bei Publikum und auch Kritik. Einen anderen Akzent, den sie setzte, betraf das "Opernstudio", in dem sich junge Sängerinnen und Sänger eine Oper erarbeiten.