Kultur

Lianne La Havas: Zwischen Pop und Jamaika

Lianne La Havas spricht nicht gerne über Prince. Seit einigen Jahren ist die Londoner Musikerin mit dem "Purple Rain"-Star befreundet. Denn er bewundert sie so sehr, dass er einen ihrer Songs coverte, sie in sein Paisley Park Studio in Minneapolis einlud und als Gastsängerin auf seinem jüngsten Album "Art Official Age" hatte. Und als er damit in England auf Tour war, hielt er eine Pressekonferenz – von ihrem Wohnzimmer aus.

"Ich habe schon daran gedacht, ihn zu bitten, ob er auf einem der neuen Tracks mitsingt", erzählt die 25-Jährige im KURIER-Interview. "Aber irgendwie hat es sich für dieses Mal nicht richtig angefühlt."

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Eindringlich

Dieses Mal heißt "Blood", ist das zweite Album der Tochter eines griechischen Vaters und einer jamaikanischen Mutter. Dabei mischt La Havas Jazz mit elektronischem Pop und präsentiert sich als facettenreiche Künstlerin, die mit komplexen Arrangements und ihrer eindringlichen Stimme eine einnehmende Atmosphäre schafft.

Obwohl sie Prince nicht nur kennt, sondern auch als Künstler verehrt ("Seine Musik wird immer magisch sein"), ist "Blood" musikalisch kaum von ihm beeinflusst. Mit ein Grund, warum sie sich dagegen entschied, ihn um ein Gastspiel zu bitten: "Die Tracks waren alle fertig und fühlten sich gut und stimmig an. Ich hätte nicht gewusst, was er dem noch hinzufügen hätte können. Und sie drastisch zu ändern, um Platz für ihn zu schaffen, wollte ich auch nicht. Und natürlich habe ich auch daran gedacht, dass es dann für alle der Aufhänger wäre, dass alle darüber sprechen werden, wenn mein Album erscheint."

Das Image, wie sie in der Öffentlichkeit dargestellt wird, scheint ein wichtiger Punkt für die als Lianne Barnes geborene Künstlerin (der Bühnenname stammt von ihrem Vater Henry Vlahavas) zu sein. Denn im Song "Grow" singt sie darüber, wie sie mit "Selbstbewusstsein und Trotz" Grenzen sprengen will. Speziell die, die ihr im Musikbusiness aufgedrängt werden.

"Ich bin in London aufgewachsen, ohne dass ich je Schwarze genannt wurde. Und dann komme ich nach Amerika und es geht nur mehr darum. Sie vermarkten mich nur innerhalb der Black Community, obwohl meine Musik anders ist und viel mehr einschließt. Denn ich bin ja genauso sehr schwarz wie weiß."

Das erste Mal aufgefallen ist ihr diese Art von Rassismus im Musikbusiness nach einem Interview mit einem US-amerikanischen Journalisten: "Ich dachte, dass es wirklich gut gelaufen war. Aber dann las ich die Headline des Reporters, und sie hieß ‚Neo Soul Sister‘. Das fand ich richtig beleidigend, richtig rassistisch. So als hätte er meine Musik gar nicht angehört und nur gesehen, dass ich eine braune Hautfarbe habe. Aber im Musikbusiness Hautfarben mit Genres gleichzusetzen, hat eine historische Tradition. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis sich das ändert."

Wurzeln

Auf "Blood" singt La Havas aber nicht nur über Rassismus, sondern vor allem über ihre Familie, ihre jamaikanischen Wurzeln, ihre "Bluts-Verbindungen".

"Ich bin in London bei meinen Großeltern aufgewachsen, die aus Jamaika stammen, hatte aber nie die Gelegenheit, dahin zu fahren, weil es zu teuer war. Voriges Jahr war ich dann zum ersten Mal dort, und es war wunderbar. Sehr emotional. Ich habe Verwandte getroffen, die ich 20 Jahre lang nicht gesehen hatte und fühlte mich sofort wie zuhause. Und gleichzeitig war es auch sehr exotisch – eine unglaubliche Landschaft, die ich sofort geliebt habe. Als ich heim kam, hatte ich so vieles, dass ich sagen und ausdrücke wollte, dass ich in kürzester Zeit all diese Songs fertig hatte."

Zur Person: Lianne La Havas

Neuer Star Lianne La Havas wurde 1989 in London geboren. Ihr Debütalbum „Is Your Love Big Enough?“ landete 2012 auf Platz drei der britischen Charts. Es wurde für den Mercury-Preis und die BBC-Liste der aufstrebenden Künstler nominiert. Seitdem gilt die heute 25-Jährige als eine der spannendsten neuen Sängerinnen. Vermehrte Medienaufmerksamkeit bekam sie auch durch die Unterstützung von Prince, der ihre Stärken als Songwriterin lobte.