Umberto Eco: Wer aufs Handy starrt, ist verloren
Von Peter Pisa
Er hat keine Fortsetzung von "Der Name der Rose" oder etwas Ähnliches hinterlassen.
Das letzte Buch von Umberto Eco, der im Februar 2016 im Alter von 84 Jahren starb, ist "nur" eine weitere Sammlung seiner Kolumnen, ursprünglich verfasst für die römische Wochenzeitschrift L’Espresso. In Italien wurden allein am Tag der Veröffentlichung 75.000 Exemplare verkauft.
Das Buch heißt nichts.
Das heißt, es heißt "Pape Satàn", im Italienischen: Pape Satàn Aleppe) – der Beginn des 7. Gesang der Göttlicher Komödie, Unterweltsgott Pluto redet.
Einige Dante-Interpreten meinen zwar, das sei ein Wutausbruch wegen der vielen Teufeleien – was ja auch gut passen würde. Die meisten, auch Umberto Eco, vermuten aber, die Worte seien bloßer Nonsens.
Schönschreiben
Der Denker fehlt. Er fehlt nicht unbedingt, wenn er keppelt, früher sei alles besser gewesen, sogar eine schönere Schrift haben die Kinder gehabt, die Erfindung des Kugelschreibers mit seiner seelenlosen Schrift sei der Untergang gewesen, Schulen sollte es geben für schöne Handschrift, Turniere usw.
Bei seiner Aversion gegen Handy-Benützer versteht man den Mailänder Universalgelehrten vielleicht schon besser: Eine Frau kam Eco auf dem Gehsteig entgegen, sie starrte auf ihr Telefon und sah ihn, den Entgegenkommenden, nicht.
Abputzen
"Da ich im Innersten bösartig bin", blieb er stehen, drehte sich um, ließ sie gegen seinen Rücken prallen … Das Handy flog zu Boden, die Frau entschuldigte sich, und Eco, plötzlich so freundlich: "Machen Sie sich keine Sorgen, so was kommt vor heutzutage."
Er empfiehlt diese Vorgangsweise im Umgang mit Dauertelefonierern allen.
Im übrigen war Eco überzeugt, dass Menschen, die ständig mit dem Handy fotografieren anstatt das Gesehene fest im Gedächtnis zu speichern, für immer verloren sind.
Der Denker fehlt. Er fehlt ganz bestimmt, wenn er gegen die Hohlköpfe anschrieb, die im Internet ihren Mist verbreiten.
Gegen Verschwörungstheoretiker ...
Eco prangerte oft an, wie sich Leute, die an dunkle Mächte glauben, immer schön abputzen können und keine Verantwortung übernehmen müssen: Denn schuld ist ja dann nie der Einzelne, schuld sind dann immer geheimnisvolle Kräfte, gegen die man sowieso nichts ausrichten kann.
Anzweifeln
Man wird nicht unbedingt behaupten, Umberto Eco sei uneitel gewesen. Seinen Lehrern aber hat er eine Kolumne gewidmet, und das kann man sich jetzt einrahmen:
"Es ist sehr wichtig zu begreifen, dass man nicht Gott ist, die eigenen Taten immer anzuzweifeln und sich bewusst zu sein, dass man seine gelebten Jahre nicht gut genug verbracht hat. Nur auf diese Weise kann man versuchen, die restlichen besser zu verbringen."
Umberto Eco:
„Pape Satàn“
Übersetzt von
Burkhart Kroeber. Hanser Verlag. 222 Seiten. 20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****