Kultur

Leben und sterben lassen in der Hundezone

Nichts was lebt, gehört dir. Alles läuft dir davon.“ - Das sagt die "Mantelabholerin", die von ihrem reichen Mann verlassen wurde. Im Erlebnis des Konsumrauschs, das sich immer wieder erneuern lässt, versucht sie dieser Ausweglosigkeit zu entkommen. Auf den Kauf eines teuren Pelzmantels folgt der Erwerb des nächsten „wärmenden, toten Tieres“. Die andere, die Hartl, richtet ihr Interesse auf lebende Tiere. Für ihr Hartl-Restl-Leben, in dem die Aussicht auf einen Mann an ihrer Seite schwindet, hat sie sich als Ersatz einen Hund angeschafft.

Hartl und die Mantelabholerin, zwei Frauen um die Fünfzig, bilden das zentrale Duo der Gesellschaftssatire „Fressen, Kaufen, Gassi gehen oder Die Treue hat einen Hund“ von Gabriele Kögl, das am Mittwoch im Wiener Kosmos Theater seine österreichische Erstaufführung hatte.

Abgeklärt und naiv

Claudia Martini spielt die zynisch über das Leben räsonierende Mantelabholerin mit abgeklärter, bürgerlicher Grandezza. Johanna Orsini-Rosenberg verleiht der Hartl jene bieder-naive Unschuldigkeit, mit der sich immer noch ein kleines Stückchen Hoffnung formulieren lässt: „Irgendwer wird mich doch mal lieben müssen wollen“. Freilich wird dieses Verhalten von der Mantelabholerin als lächerlich denunziert.

Das ergibt eine gut geölt und fies agierende Paarung mit Schwabschen Ausmaßen. Immer wieder meint man, einen Nachhall auf die „Präsidentinnen“ des verstorbenen Grazer Kultdramatikers zu vernehmen. Kögl, ebenfalls in Graz geboren, weidet den Wortwahnwitz, den sie stellenweise entwickelt, allerdings nicht über Gebühr aus. Das Mittel der grotesken Überzeichnung wird in dem 2008 uraufgeführten Text behutsam eingesetzt, was die Regie von Barbara Herold respektiert.

Hundelosigkeit

Das Stück ist so näher an der Realität gebaut, was die skurril-bitterböse Wendung am Schluss umso schauriger erscheinen lässt: Hartls Rüde ist wegen einer Hündin davongelaufen. Die plötzliche Hundelosigkeit ist jene Enttäuschung, die die Hartl nicht mehr auf sich sitzen lässt. Jetzt will sie es „einmal richtig krachen lassen“. Es kommt zu einem blutigen Schlachtfest im Beserlpark, ausgeführt in Zeitlupe und musikalisch untermalt von Klassikern aus dem Soundtrack der Männerwelt, dem James-Bond-Thema und dem McCartney-Bond-Song „Live and Let Die“.

Die armen Hunde werden als entzückende Luftballon-Wesen dargestellt, Hartls Hund ist auf einen Roboterstaubsauger montiert und kann sich sogar fortbewegen. Das ist nur ein liebevolles Detail der mit Comic-Sequenzen zusätzlich aufgepeppten Inszenierung. Die menschlichen Nebenrollen sind mit Maria Fliri (als tussige Verkäuferin), sowie Isabella Wolf und Cristo Melingo (als Hundebesitzer) gut besetzt. Erst nach einer kurzen Nachdenkphase im Publikum ausdauernder Applaus.

KURIER-Wertung:

INFO: Weitere Vorstellungen (jeweils Mi – Sa) am 7., 8., 9., 13., 14., 15., 16., 20., 21., 22., & 23. November; Beginn: 20:00 Uhr Kosmos Theater, 1070 Wien, Siebensterngasse 42; Tel. 01/523 12 26www.kosmostheater.at

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