Kohlstrunk-Charlie ist in Erinnerung geblieben
Von Peter Pisa
Kann sein, dass es wirklich der Lavendelduft war (ist), der eher zu Marcel Pagnols "Eine Kindheit in der Provence" verführt (hat).
In " Cider mit Rosie" knallen nur knackige Erbsenschoten und duften nicht.
Allerdings gibt es in den englischen Erinnerungen den Kohlstrunk-Charlie, der das Gemüse als Waffe schwang und jeden zum Zweikampf aufforderte.
Und den Grinsemann gab es auch: Bauer war er und Menschenhasser. Eine Lähmung hatte seinem Mund ein ständiges Lächeln verpasst. Wer ihn grüßte, der bekam von ihm ein unfreiwilliges Grinsen geschenkt und ehrliches ordinäres Schimpfen.
Sieben Kinder
Von "Cider mit Rosie" wurden bis heute sechs Millionen Exemplare verkauft. Englischen Schülern ist das Buch nach wie vor Unterrichtslektüre. Erstmals erschien es 1959.
Der Lyriker Laurie Lee hat über seine Kindheit im Dörfchen Slad in der Grafschaft Gloucestershire geschrieben. Der Erste Weltkrieg ging zu Ende, da war der Bub drei.
Seine Familie, die ein moosbewachsenes Haus einrichtete (und im Keller Frösche hatte), war achtköpfig: Mutter und sieben Kinder ... der Vater hatte sich aus dem Staub gemacht. Das ländliche England verschwindet langsam. Laurie Lee hat es heraufbeschworen, sein verlorenes Paradies gerettet – so wird es wohl nicht immer der Realität entsprochen haben.
(Stellvertretend wird der Kärntner Dichter Josef Winkler mit einer solchen angeblichen Idylle nichts anfangen können. Für ihn bedeutete Dorf: Katastrophe ... mit Erwachsenen, so gläubig, dass sie die Hostien im Kropf trugen und nicht Richtung Darm schluckten, weil das wäre ja unpassend).
Also: schönes Buch mit drei ö über das Aufwachsen in einer Auster gewissermaßen. Es endet, wenn Laurie zwölf ist und die Schwestern heiratsfähig werden.
Laurie Lee pfiff später auf die "große Welt" und kehrte nach Slad zurück. Wo er das Drama durchlitt, ein geliebter Schriftsteller zu sein, der aber nur mit seiner Autobiografie (insgesamt drei Teile) Erfolg hatte.
KURIER-Wertung: