Lafcadio Hearn: Japans Geister
Von Peter Pisa
Japan war für ihn das Märchenland. Überall sah er Elfen. Dass diese seltsamen Wesen noch dazu Papier kauten und Kügelchen auf Monsterstatuen spuckten, in der Hoffnung, dass der Brei dort picken bleibt, denn das bedeutet, ihre Gebete werden erhört: Das machte alles noch himmlischer.
Geboren auf der griechischen Insel Lefkas,
aufgewachsen in Irland,
mit 18 nach New York verfrachtet worden mit fünf Dollar in der Tasche: Laufbursche, Kohlenschaufler, Journalist mit schockierenden, engagierten Reportagen über Schlachthöfe etc ... letztlich also erfolgreich, aber Lafcadio Hearn suchte, er brauchte eine andere, leisere Welt.
Er war klein, schüchtern, leicht buckelig, auf einem Auge blind seit einem Unfall beim Spielen in der Schule ...
Folklore
Sein Märchenland erreichte er im Alter von 40.
Seine "Blicke ins unbekannte Japan" waren um 1910 auch in deutscher Sprache Bestseller.
Lafcadio Hearn heiratete die Tochter eines verarmten Samurai und wurde zu Koizumi Yakumo. Als Uniprofessor für englische Literatur ernährte er seine zwölfköpfige Familie. Der fremde Japaner wurde zur Berühmtheit.
Er ist selbst ein Buch.
Klar hat er bemerkt, dass es auch in Japan miese Typen gibt, Orks gewissermaßen, die saufen und Feenfrauen schlagen. Er ließ es sich nicht nehmen, die verschwindende Kultur zu loben, die Religion, die Füßchen. Er blieb schwärmerisch und prägte Japans mitunter falsches Bild in der Welt.
Nicht nur Vase
"Japans Geister" sind seine ersten Eindrücke, er sitzt in der Rikscha, ein Einheimischer läuft mit ihm die Küste entlang, von Schrein zu Schrein, von Gott zu Gott, eine Grille im Käfig beschäftigt ihn lange Zeit.
Zart wie eine hingetupfte Blüte wird erzählt. Deshalb muss immer wieder darauf hingewiesen werden, wie kraftvoll er schreiben konnte: In "Chita" über den Hurrikan 1856 bei New Orleans schreit das Meer, jede Welle hat eine eigene Stimme.
Der Salzburger Jung und Jung Verlag kündigt für Februar die nächste Roman-Entdeckung an: "Youma" über Sklavinnen bei reichen Kreolen auf Martinique.
Deshalb darf der Autor nicht neben einer zerbrechlichen Vase aus der Ming-Dynastie verstaut werden.
Lafcadio Hearn: „Japans Geister“
Übersetzt von Berta Franzos.
Mit Holzschnitten von Franziska Neubert.
Die Andere Bibliothek.
300 Seiten. 43,20 Euro.