Kultur

Das Paradies der seltenen Vögel

"Very rare" –"sehr selten". Immer wieder kann man jemanden dieses Vokabel raunen hören, wenn man durch die Messekojen der TEFAF schlendert, die eigentlich keine Kojen, sondern eher Salons sind. Auch die Gänge in der von außen gesichtslosen Halle heißen "Champs Elysées" oder "Fifth Avenue": Dass auf dieser Messe die Elite zu Hause ist, spiegelt sich nicht zuletzt in Architektur und Dekoration wider.

Tatsächlich ist die TEFAF aber ein Ort, an dem Geschichten erzählt werden. Etwa die von einem Gemälde des Anthonis van Dyck, das sich einst im Besitz von niemand geringerem als Peter Paul Rubens befand und nach dessen Tod in mehrere Teile zerschnitten wurde: ein Fragment, den Kopf von "Jupiter als Satyr", hatte nun die Londoner Weiss Gallery im Programm – und schon bei der Vernissage verkauft.

Magie der Historie

"Lebendige Kunstgeschichte" nennen die Veranstalter dieses Asset der global führenden Messe für Kunst und Antiquitäten, wiewohl die Frage, ob ein Kunstwerk in einem Museum weniger "lebendig" ist als am freien Markt oder in einem Zollfreilager, gestattet sein muss. Egal, es liegt unweigerlich etwas Magisches in der Vorstellung, durch den Kauf eines Objekts an Historie teilzuhaben, und hier wird diese Magie zelebriert.

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Bei der Londoner Stair Sainty Gallery gibt es etwa ein großformatiges Goya-Porträt zu kaufen, um 3,5 Millionen Euro: "Der Preis einer Zeichnung von Basquiat", sagt der Händler mit gut eingeübter Verachtung gegenüber der hochpreisigen Gegenwartskunst, der solch historische Tiefe fehlt. Ein großartiges Bild hängt unweit davon beim Londoner Händler Fergus Hall – ein Rubens-Porträt des Erzherzogs Albrecht VII. von Österreich vor feurig-rotem Hintergrund (siehe oben), das jüngsten Forschungen zufolge "originaler" ist als eine Version desselben Motivs, die in der Londoner National Gallery hängt und Rubens’ Werkstatt zugeschrieben wird. Das Bild ging schon am Eröffnungsabend an einen anonymen Käufer.

Exquisite Entdeckung

Auch wenn die TEFAF als Schaufenster unschlagbar ist, so ist klar, dass viele der Geschäfte anderswo gemacht werden: Der "Medienstar" der Messe etwa, ein wiederentdecktes frühes Rembrandt-Gemälde mit einer Allegorie des Geruchssinns, stand gar nicht erst zum Verkauf. Die Galerie Talabardon & Gautier hatte das ursprünglich ins 19. Jahrhundert datierte Bild einst günstig erstanden und in langer Restaurierungs- und Recherchearbeit die Eigenhändigkeit des Meisters nachgewiesen; schon vor der Messe hatte es sich die New Yorker "Leiden Collection" geschnappt, auf der Messe hängt das Bild als Werbeträger der Galerie.

Die Sammler, denen die Messe noch bis 20. März in Maastricht offen steht, werden dennoch nicht in die Verlegenheit von zu geringer Auswahl kommen. Allerlei Spezialisten sind hier: Der Londoner Peter Finer hat einen Schild mit Österreich-Flagge (50.000 €) und Ritterrüstungen (365.000–600.000 €) im Angebot, Rembrandt-Radierungen sind von 30.000 bis 300.000 Euro zu haben.

Der Amsterdamer Händler Haboldt verkauft zwei unglaublich detailliert gemalte Bacchus-Szenen des Südtiroler Barockmalers Johann Georg Platzer im Doppelpack um 950.000 €. Und im Antiquariat Forum (Utrecht/NL) ist eine 1776 in Nürnberg gedruckte "Sammlung verschiedener ausländischer und seltener Vögel" um 48.500 Euro zu haben. Damit bekäme man diese Messe gewissermaßen in Buchform geliefert.