Wunder bleiben äußerst rar
Von Katharina Baier
Unterkühlt, steril und weiß, das sind wohl die ersten Assoziationen, die einem zu der Ausstellung "Das Wunder des Lebens" von Jos de Gruyter und Harald Thys einfallen. Die Kunsthalle Wien zeigt bis 4. Mai die erste große Einzelpräsentation des belgischen Künstlergespanns in Österreich.
Mit schräg-absurden Einfällen gewinnt das Duo die Aufmerksamkeit der Museumsbesucher für sich. Auch einer Portion Selbstironie bedarf es, denn der wissenshungrige Kunstrezipient wird hier immer wieder auf die Schaufel genommen.
So erklärt einem etwa der Audio-Guide mit einer computergenerierten Stimme gebetsmühlenartig lediglich das, was man ohnehin sieht. Man wird beispielsweise darauf hingewiesen, dass auf der Zeichnung oben rechts "drei Jungs und zwei Mädchen Spaß haben" und unten in der Mitte "ein Rohr" abgebildet ist.
Viel zu bewundern gibt es also an diesem sogenannten "Wunder des Lebens" nicht. Wenn man sich die 368 ausgewählten Zeichnungen, die wie Kurator Lucas Gehrmann selbst zugibt "absichtlich dilettantisch" wirken, näher ansieht, überkommt einen schnell das Gefühl, dass es hier eher um Banalitäten als um Wunder geht.
So sieht man etwa italienische Antipasti ebenso wie ein Brathuhn, einen Schirmständer, Wetterkarten oder Hundeschulen.
Fotos der Ausstellung
Depressiv im Keller
Für die Reproduktion dieser Alltäglichkeiten hat sich das Künstlerduo über sechs Wochen im Keller eingesperrt und Bilder aus Printmedien gesammelt und anschließend bearbeitet. "Es war eine durchaus depressive Stimmung, in der das entstanden ist", betont Gehrmann.
So willkürlich die Themenwahl der Werke wirkt, desto strenger organisiert ist das System, das die Bleistiftzeichnungen trägt. In Reih und Glied formieren sich die Bildblöcke, an dessen Ecken je ein überlebensgroßes "White Element" gleichsam Wache steht. Inspiration für diese eigentümlichen, skulpturalen Figuren, die an der Brust- und Bauchregion anatomische Zeichnungen angebracht haben, fanden die Künstler angeblich bei der in Velden stattfindenden Fête Blanche, als sie die dort ansässige Seitenblicke-Gesellschaft beobachteten.
Der Titel der Ausstellung "Das Wunder des Lebens" bezieht sich im übrigen auf eine 1935 in Berlin eröffnete nationalsozialistische Propaganda-Schau zur "deutschen Rassenhygiene". Die hingekritzelten Organe sind somit auch als Seitenhieb darauf zu deuten.
Stupider Brunnen
Im Zentrum der Schau, die im Grunde mehr Installation ist, steht ein dreiköpfiger Brunnen, dessen Rinnen das einzige Geräusch im Ausstellungsraum ist.
"Der stupide, weiße Brunnen mit seinen maskenartigen Gesichtern, der den vielsagenden Titel "Die drei Naseweisen" trägt, plaudert immerzu seinen monotonen Singsang hinunter", erläutert Gehrmann. Diese vergrößerten Wiedergaben von Styroporköpfen, die die zwei in einer Geschäftsauslage entdeckten, überblicken das gesamte, absurde Szenarium.
Das eigentliche Steckenpferd der beiden Künstler, ihre Videoarbeiten, ist völlig separiert von der Ausstellung im Untergeschoß der Kunsthalle zu sehen. Denn die Bildkompositionen sollten auf ausdrücklichen Wunsch de Gruyters und Thys’ weder durch Geräusche noch durch Flimmern gestört werden.
Info: Bis 4.5. in der Kunsthalle, www.kunsthallewien.at