Kultur

Kunst in Zeiten ihrer totalen Vermarktung

Festspielzeit ist, und Zigtausende Touristen essen Salzburger Mozartgurkerln.

Nein, tun sie natürlich nicht, aber es wäre zumindest ein Hingucker: Mozarts Gurkerl in jedermanns Munde. Der Kunstvermarktung ist schließlich alles zuzutrauen.

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Wer wüsste das besser als Erwin Wurm. Der Künstler, selbst Vollprofi bei der Aufmerksamkeitserzeugung, hat dem Unbehagen in der Kulturvermarktung eine Wortskulptur gewidmet. „Das Kleine im Großen, das Große im Großen, das Große im Kleinen und das Kleine im Kleinen“ wurde am Donnerstag in Salzburg anlässlich 30 Jahre Galerie Thaddäus Ropac uraufgeführt, vor viel Kunstprominenz und in ebenso prominenter Besetzung: Nicholas Ofczarek, Oliver Masucci und Anna Hofmann sprachen, Burg-Chef Matthias Hartmann sorgte für die Dramaturgie. Natürlich war diese kunstmarktkritische Skulptur selbst gut vermarktet: Der Spiegel hat vorab Aufreger-Passagen zitiert, etwa über den „Schwanz“ des Kunstsammlers Roman Abramowitsch. Dabei spielte der Furz in Wurms Skulptur eine viel wichtigere Rolle.

Verdauung

Der Mischabend aus Textlawinen, Theateransätzen und Performance war eine (Selbst-)Analyse des Künstlerdaseins in Zeiten der totalen Vermarktung: Wurm (der heute in Salzburg den Großen Österreichischen Staatspreis verliehen bekommt) seziert den Einfluss der Verdauung auf das Kunstschaffen, die Notwendigkeit sich zu verkaufen, das unerlässliche Künstlergefühl, besser als alle anderen zu sein.

Das Resultat könnte man als überaus beweglich (für eine Skulptur) bezeichnen, oder auch als recht starr (für einen Theaterabend). Letztlich gewann die äußere Form über das Einsichtige: Schneidbrett und Gabel führten eine ästhetisch-philosophische Diskussion, Ofczarek wurde mit einem Erdäpfel zum Verstummen gebracht, und der High Heel als eigentliches Ziel der Evolution angebetet. Während Zuseher Salatgurken in die Luft hielten. Anhaltender Applaus.