Kultur

Kraftklub im Wiener Gasometer: Hüpfen, grölen, schwitzen

Wir wollen euch nah sein, wir wollen euch riechen!" Okay, Ersteres ist ja löblich. Aber meint Kraftklub-Sänger Felix Brummer das Zweite wirklich ernst? Er steht zu Beginn der Zugabe auf einem winzigen Podest hinten beim Mischpult, hat 2900 Fans im Wiener Gasometer mit eineinhalb Stunden Punk-Rap-Power zu einer schwitzenden, dampfenden Masse zusammengeschweißt. Gut riecht hier keiner mehr.

Denn auch wenn die Musik von Kraftklub nicht die Anspruchsvollste ist – die Energie, die die Chemnitzer in ihre Mischung aus druckvoll hämmernden Gitarren, gerappten Strophen und poppigen Mitsing-Refrains packen, stimmt perfekt. Dazu hat das Quintett Texte, die mit Witz alles aufgreifen, was Jugendlichen durch den Kopf geht. Und sich mit Tourneen im Vorprogramm von Casper und den Beatsteaks eine treue Fangemeinde erspielt.

Diese trug in Wien ihre Idole im Triumphzug durch den Gasometer. Schon beim dritten Song flogen Becher. Und mit Favoriten wie "Zwei Dosen Sprite" und "Unsere Fans" wurde später Dauerrausch-mäßig gehüpft, gejubelt und mitgegrölt, was Muskeln und Stimme hergaben.

Telefonat mit Mama

Dazwischen drosselten Kraftklub das Tempo: Brummer und der zweite, ruhigere Frontmann Karl Schuman sangen alleine mit einer Gitarre "Hand In Hand". Brummer baute auch immer wieder kleine, feine Gags ein: Ein Mal holte er sich das Handy von Daniel aus der ersten Reihe und rief damit dessen Mutter an, die völlig verwirrt nur "Ja" und "Nein" herausbrachte.

Alle Inhalte anzeigen

Jetzt hat er hinten beim Mischpult bei "Deine Gang" die Massen gespürt – und ganz bestimmt auch gerochen – und will per Stagediving wieder auf die Bühne kommen. Es klappt. Alle schwimmen auf den Händen der Fans nach vorne.

Als Dank legen Kraftklub drauf – noch und noch. Sogar nach dem fulminanten "Songs für Liam" mit dem obligaten "Hey Jude"-Einschub im Konfetti-Regen geht noch mehr. Bei "Randale" und "Scheissindiedisko" sind die Oberkörper der Männer nackt, ihre T-Shirts Fahnen, die in der Luft rotieren.

Es ist ein Treiben, so ausgelassen fröhlich und frei, wie es der Karneval nie war. Denn Kraftklub erfinden mit ihrer Musik das Rad nicht neu. Aber sie bringen einen frischen Wind in alte Formeln, der bedingungslos mitreißt.

KURIER-WERTUNG: